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Bruckschen, Martina
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 33): Glasfunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit aus Braunschweig: Bedeutung, Verwendung und Technologie von Hohlglas in Norddeutschland — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2004

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68703#0026
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II. Grundlagen und Methode

1. Quellen, Methode und
Bearbeitungsweise
1.1 Materialgrundlage und Quellenkritik
Die Grundlage der Bearbeitung bilden die Glas-
funde aus den Braunschweiger Stadtgrabungen
der Jahre 1976 bis 1992.1 Als Ergänzung sind ei-
nige relevante Altfunde der 50er bis Anfang der
70er Jahre, sowie ausgewählte Glasobjekte aus
den 1998 durchgeführten Grabungen in der
Braunschweiger Neustadt berücksichtigt worden,
um einen möglichst umfassenden Einblick in den
typologischen Glasbestand einzelner Stadtgebiete
zu gewährleisten.2 Die publizierten Exponate der
Sammlung Dexel (Dexel 1994) des Städtischen
Museums Braunschweig wurden aufgrund ihres
unzureichenden Quellenwertes in die Untersu-
chung nicht miteinbezogen.3
Der überlieferte Fundbestand umfaßt ca. 22.000
Fragmente, die im Zuge der Materialaufnahme zu
knapp 2.200 Glasgefäßen zusammengesetzt wur-
den. Dabei handelt es sich ausschließlich um
Hohlgläser, die einen Zeitaum vom 12. bis zum
19. Jahrhundert repräsentieren. Flachglas bzw.
Fensterglas ist in der Untersuchung unberück-
sichtigt geblieben.4
Für die vorliegende Arbeit wurde eine Auswahl
von relevanten Glasobjekten getroffen, die einen
wesentlichen Beitrag zur Formen- und Material-
kenntnis, Datierung und Verbreitung mittelalter-
licher und frühneuzeitlicher Gläser in Aussicht
stellen. Die Beschreibung und Auswertung dieser
Funde möchte einen Überblick über Hauptfor-

men und Varianten, Dekore, Materialarten sowie
Funktionsbereiche von Glasgefäßen des 12. bis
zum ausgehenden 17. Jahrhundert geben. Das
überlieferte Fundmaterial des 18./19. Jahrhun-
derts ist aufgrund seiner Ausschnitthaftigkeit und
einseitigen Überlieferungsform dabei unberück-
sichtigt geblieben.5
Bei den Braunschweiger Glasobjekten handelt es
sich nahezu ausschließlich um Bestandteile von
Kloaken- und Brunneninventaren, die als Abfall
oder Verlustfunde in den Boden gelangten. Durcli
die Bergung aus den Fundzusammenhängen her-
aus sind Anhaltspunkte gegeben, die über den Ort
und gegebenenfalls auch über den Zeitraum bzw.
das soziale Umfeld ihrer Verwendung unterrich-
ten. Gilt es, diese wichtigen Informationen der
Bodenfunde im Rahmen der Beschreibung und
Auswertung nutzbar zu machen, muß dabei je-
doch der überlieferungsbedingte selektive Cha-
rakter der Materialsammlung vergegenwärtigt
werden: Mit den entsorgten Gebrauchsgegen-
ständen liegt nur ein Ausschnitt aus dem ehema-
ligen Sachgutbestand vor, der nicht als repräsen-
tativ für Umfang und Varianzbreite bzw. Verfüg-
barkeit von Glas im mittelalterlichen und früh-
neuzeitlichen Braunschweig angesehen werden
darf. Abgesehen davon, daß nur wenige Parzellen
oder Besiedlungsblöcke innerhalb der Stadt ar-
chäologisch erfaßt sind (Kap. II. 2.2), liegen wei-
tere Auswahlkriterien des Fundbestandes durch
Deponierungsumstände bzw. -gewohnheiten, wie
etwa partielle oder vollständige Leerungen inner-
halb des Benutzungszeitraumes, vor. Zudem ist
ein hoher Stellenwert des Werkstoffes Glas für
Recyclingverfahren anzunehmen, wie dies histo-

1 Die Glasfunde befinden sich in den Magazinräumen des Braunschweigischen Landesmuseums, Abt. Ur- u. Frühgeschich-
te, in Wolfenbüttel.

2 Für die Altfunde aus stadtarchäologischen Untersuchungen der 50er und 70er Jahre steht keine Dokumentation über die
Fundumstände zur Verfügung, so daß eine Datierung nach typologischen Kriterien erfolgen mußte. Die erst kürzlich ge-
borgenen Glasfunde aus einer Kloake an der Kaiserstraße sowie aus verschiedenen Fundkomplexen der Langen Str.,
Braunschweig-Neustadt, werden zu einem späteren Zeitpunkt jeweils zusammenfassend vorgestellt (Bruckschen i.V.; Ge-
schwinde, Oppermann u. Bruckschen i.V.). Eine geringe Auswahl der Neufunde wird vorab im Rahmen dieser Arbeit be-
rücksichtigt.

3 Für die im Museumsbestand vorliegenden Bodenfunde liegen keinerlei Angaben zum Fundort vor, so daß eine Herkunft
aus Braunschweig nicht gewährleistet ist.

4 Der überlieferte Bestand an Flachglas umfaßt schätzungsweise 5.000 Fragmente des 12. bis 18. Jahrhunderts, die bisher
keine wissenschaftliche Bearbeitung erfahren haben. Ein kunsthistorischer Beitrag liegt bislang nur für die Fenster des
Domes St. Blasii vor (Schwarz 1997).

5 Eine Auswahl aus dem auffallend geringen Fundniederschlag an neuzeitlichem Tafel- und Haushaltsgeschirr ist am Bei-
spiel von zwei Fundkomplexen auf der Parzelle Ass. 636 bereits zusammenfassend vorgestellt worden (Kablitz u. Bruck-
schen 1997). Für nähere Ausführungen zur Fundgruppe der Transport- und Haushaltsflaschen sei auf die Veröffentlichun-
gen der Glassiegelforschung in Niedersachsen hingewiesen, in der auch Braunschweiger Bodenfunde Berücksichtigung
gefunden haben (Koch 1995).

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