Oh schaurig ist’s, übers Moor zu gehen'
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Abb. 6 Aufklärung eines Rätsels: Der Prozess der Detektion (Erweitertes Diagramm nach Gründel & Ziegert 1985:186).
Dabei ist die konkrete Spurensicherung und Fundortanalyse in Kriminalistik und Archäologie von der Deutung abgetrennt.
Weitere Elemente des Detektionsprozesses sind die Rekonstruktion des zeitlichen und des psychologischen Rahmens
151)26 oder als Arzt wahrgenommen wird, „der alle
Symptome wissen will, bevor er seine Diagnose
stell. (Conan Doyle 1987b: 172).“ Dabei unter-
stellt er dem Prozess der Detektion eine quasi
naturwissenschaftliche Qualität: „Wie Cuvier
nach der Betrachtung eines einzigen Knochens
ein ganzes Tier zutreffend beschreiben konnte, so
soll auch der Beobachter, der ein Bindeglied in
einer Reihe von Ereignissen gründlich begriffen
hat, imstande sein, alle anderen, die vorherge-
henden wie die nachfolgenden, genau darzustel-
len (Conan Doyle 1984a: 137)27.“ Diese Metapher
ist so wirksam, dass sie von dem bekannten bri-
tischen Archäologen V. Gordon Childe genutzt
26 Dieser Aspekt wird in der Verfilmung „The Pearl of Death“ (USA
1944; dt. „Die Perle der Borgia/Perle des Todes“) des Sherlock
Holmes Romans „The Six Napoleons“ besonders deutlich. Hier
analysiert der Detektiv die an den Tatorten zerschlagene Keramik
und kann so herausstellen, dass die Fragmente von Napoleonsta-
tuetten aus Gips das die Fälle verbindende Merkmal sind.
27 Dieses Bild stammt allerdings nicht von Conan Doyle, sondern
ist deutlich älter. So wurde es bereits 1863 von Emile Gaboriau in
dem Kriminalroman „L’affaire Lerouge“ benutzt: „Ergibtvor, mit
einem einzigen Anhaltspunkt den Ablauf eines Mordes rekonstru-
ieren zu können, wie dieser Forscher, der aus einem einzigen
Knochen ein ausgestorbenes Tier wieder aufleben lassen kann.“
(Ickerodt 2004: Kat. 4.1 Nr. 1) In einer verballhornten Version
findet es sich zu Beginn des Films „Carry on behind“ (GB 1975);
Alles geht nach hinten los/Der total verrückte Mumienschreck“
(Ickerodt 2004: Kat. 12.3.1 Nr. 202).
wird, um die Rolle der Archäologie innerhalb der
Anthropologie zu definieren, indem er sie mit der
Funktion der Paläontologie in der Zoologie ver-
gleicht (Ickerodt 2004: 59).
Vor diesem Hintergrund findet die Verbin-
dung von Kriminalistik und Archäologie noch
auf einer anderen Ebene statt, wie am Fall der
britischen Autorin Christie (1977; Trümpler
1999) verdeutlicht werden kann, die mit dem
berühmten britischen Archäologen Max Mallo-
wan (McCall 2001) verheiratet war. Auch ihr
Meisterdetektiv Hercule Poirot beherrscht die
Suche nach Spuren und Indizien in ebenso per-
fektionierter Manier wie Sherlock Holmes und
betont ebenso die Bedeutung der Analyse seiner
Entdeckungen: „Ich habe einmal beruflich an
einer archäologischen Expedition teilgenom-
men und dabei etwas Wichtiges gelernt. Im
Verlauf einer Ausgrabung, wenn irgendwas zum
Vorschein kommt, wird ringsum alles sorgfältig
weggeräumt. Man entfernt die lockere Erde und
kratzt hier und da mit dem Messer, bis schließ-
lich der Gegenstand freigelegt ist und man ihn
abzeichnen und fotografieren kann, ohne durch
nicht dazugehörende Elemente verwirrt zu wer-
den. Das gleiche habe ich in unserem Fall ver-
sucht zu tun - ich habe die unwesentlichen
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Abb. 6 Aufklärung eines Rätsels: Der Prozess der Detektion (Erweitertes Diagramm nach Gründel & Ziegert 1985:186).
Dabei ist die konkrete Spurensicherung und Fundortanalyse in Kriminalistik und Archäologie von der Deutung abgetrennt.
Weitere Elemente des Detektionsprozesses sind die Rekonstruktion des zeitlichen und des psychologischen Rahmens
151)26 oder als Arzt wahrgenommen wird, „der alle
Symptome wissen will, bevor er seine Diagnose
stell. (Conan Doyle 1987b: 172).“ Dabei unter-
stellt er dem Prozess der Detektion eine quasi
naturwissenschaftliche Qualität: „Wie Cuvier
nach der Betrachtung eines einzigen Knochens
ein ganzes Tier zutreffend beschreiben konnte, so
soll auch der Beobachter, der ein Bindeglied in
einer Reihe von Ereignissen gründlich begriffen
hat, imstande sein, alle anderen, die vorherge-
henden wie die nachfolgenden, genau darzustel-
len (Conan Doyle 1984a: 137)27.“ Diese Metapher
ist so wirksam, dass sie von dem bekannten bri-
tischen Archäologen V. Gordon Childe genutzt
26 Dieser Aspekt wird in der Verfilmung „The Pearl of Death“ (USA
1944; dt. „Die Perle der Borgia/Perle des Todes“) des Sherlock
Holmes Romans „The Six Napoleons“ besonders deutlich. Hier
analysiert der Detektiv die an den Tatorten zerschlagene Keramik
und kann so herausstellen, dass die Fragmente von Napoleonsta-
tuetten aus Gips das die Fälle verbindende Merkmal sind.
27 Dieses Bild stammt allerdings nicht von Conan Doyle, sondern
ist deutlich älter. So wurde es bereits 1863 von Emile Gaboriau in
dem Kriminalroman „L’affaire Lerouge“ benutzt: „Ergibtvor, mit
einem einzigen Anhaltspunkt den Ablauf eines Mordes rekonstru-
ieren zu können, wie dieser Forscher, der aus einem einzigen
Knochen ein ausgestorbenes Tier wieder aufleben lassen kann.“
(Ickerodt 2004: Kat. 4.1 Nr. 1) In einer verballhornten Version
findet es sich zu Beginn des Films „Carry on behind“ (GB 1975);
Alles geht nach hinten los/Der total verrückte Mumienschreck“
(Ickerodt 2004: Kat. 12.3.1 Nr. 202).
wird, um die Rolle der Archäologie innerhalb der
Anthropologie zu definieren, indem er sie mit der
Funktion der Paläontologie in der Zoologie ver-
gleicht (Ickerodt 2004: 59).
Vor diesem Hintergrund findet die Verbin-
dung von Kriminalistik und Archäologie noch
auf einer anderen Ebene statt, wie am Fall der
britischen Autorin Christie (1977; Trümpler
1999) verdeutlicht werden kann, die mit dem
berühmten britischen Archäologen Max Mallo-
wan (McCall 2001) verheiratet war. Auch ihr
Meisterdetektiv Hercule Poirot beherrscht die
Suche nach Spuren und Indizien in ebenso per-
fektionierter Manier wie Sherlock Holmes und
betont ebenso die Bedeutung der Analyse seiner
Entdeckungen: „Ich habe einmal beruflich an
einer archäologischen Expedition teilgenom-
men und dabei etwas Wichtiges gelernt. Im
Verlauf einer Ausgrabung, wenn irgendwas zum
Vorschein kommt, wird ringsum alles sorgfältig
weggeräumt. Man entfernt die lockere Erde und
kratzt hier und da mit dem Messer, bis schließ-
lich der Gegenstand freigelegt ist und man ihn
abzeichnen und fotografieren kann, ohne durch
nicht dazugehörende Elemente verwirrt zu wer-
den. Das gleiche habe ich in unserem Fall ver-
sucht zu tun - ich habe die unwesentlichen