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Bauerochse, Andreas [Hrsg.]; Haßmann, Henning [Hrsg.]; Püschel, Klaus [Hrsg.]
"Moora" - Das Mädchen aus dem Uchter Moor: eine Moorleiche der Eisenzeit aus Niedersachsen (Band 37): "Moora" - das Mädchen aus dem Uchter Moor — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2008

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Bauerochse, Andreas: Moore - eine Einführung
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https://doi.org/10.11588/diglit.69460#0050
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Moore - eine Einführung
Peatlands - an introduction
Andreas Bauerochse
Zusammenfassung: Ökologisch betrachtet nehmen Moore eine Zwischenstellung zwischen Land- und Wasser-
ökosystemen ein und werden in Nieder- und Hochmoore untergliedert. Ihre Entstehung und Ausdehnung ist eng
mit klimatischen Veränderungen sowie - insbesondere in Mittel- und Nordeuropa - mit siedlungsgeographischen
und -historischen Prozessen verbunden. Im Verständnis früherer Gesellschaften waren Moore heilige Orte oder
auch Wohnstätten des Bösen und Orte der Verbannung. Gleichzeitig dienten sie als Lebensraum und zur Nah-
rungsversorgung und bilden somit wesentliche Bestandteile der Kulturlandschaft. Moore sind von großer klima-
relevanter und ökosystemarer Bedeutung und besitzen eine aus naturwissenschaftlicher und kulturhistorischer
Sicht bedeutende Archivfunktion. Insbesondere im nördlichen Mittel- und Nordeuropa haben Moorkultur und
Torfabbau dazu geführt, dass weite Teile ehemaliger Moorlandschaften verschwunden oder weitgehend über-
prägt worden sind. Moorschutz und Moorentwicklung bilden wichtige Aspekte in einer an nachhaltiger Nutzung
orientierten modernen Raumpolitik.
Schlagworte: Moore, Moorkultur, Moorschutz
Abstract: From the ecological point of view, mires occupy an intermediate position between terrestrial and sub-
aquatic ecosystems. Two kinds of mire are distinguished on the basis of their ecology: fen and raised bog. Their
formation depends on the climatic conditions and - especially in central and northern Europe - is also closely
connected with the history of colonization. In ancient times mires functioned as holy places, home of the evil one,
and places of banishment, but also as anthroposphere and provider of food. They are an integral part of the cul-
tural landscape, they have an exceptional ecological value and function as a natural and cultural archive. Vast
areas of peatland have been destroyed by peatland cultivation and peat harvesting. Therefore mire preservation
and restoration are focal points in the wise use of our natural heritage as well as in modern regional planning.
Keywords: peatlands, peatland cultivation, mire Conservation

Was sind Moore?
Wenngleich einem Großteil der Bevölkerung des
nordwestlichen und nördlichen (Mittel-) Europas
als wesentlicher Bestandteil ihrer Umwelt ver-
traut, stellen Moore für viele Menschen einen von
Sagen umwobenen, oftmals mit Grusel und Schau-
der behafteten geheimnisvollen Lebensraum dar,
der ihnen häufig nur aus Erzählungen und Roma-
nen bekannten ist (vgl. IcKERODTin diesem Band).
In dem Verständnis der Menschen früherer Epo-
chen waren Moore Wohnstätten von Gottheiten,
sakrale Orte, Opferplätze, aber auch Orte der Ver-
bannung und Herberge des Bösen. Sie galten als
Ödland und waren eng assoziiert mit Elend und
Not (z.B. Gebühr2002; Ilkjzer2003; Berg2004),
dienten mit ihrem Ressourcenreichtum gleich-
zeitig aber auch der Überlebenssicherung.
Aus naturwissenschaftlich-ökologischer Sicht
betrachtet nehmen Moore eine Zwischenstellung
zwischen Land- und Wasser-Ökosystemen ein.
Dementsprechend finden sich in der Literatur in
Abhängigkeit der unterschiedlichen Wissenschafts-
disziplinen verschiedene Anwendungen und Defi-
nitionen für den Begriff „Moor“. Im geologischen
Sinne sind Moore vegetationsbedeckte Lagerstät-

ten von Torfen, also abgestorbenem organogenem
Material, das in Folge von starker Durchfeuchtung
und Sauerstoffmangel (anaerobe Bedingungen)
nicht oder nur teilweise abgebaut werden konnte.
Die Akkumulation von Torf erfolgt dabei sedentär,
d.h. durch Ablagerung der nicht vollständig ver-
rotteten Reste von am Ort aufgewachsenen Pflan-
zen. Im geologischen, wie auch im bodenkund-
lichen Sinne handelt es sich allerdings erst dann
um Moore, wenn diese Ablagerungen eine Mäch-
tigkeit von mindestens 30 cm und einen Anteil an
organischer Substanz von über 30 Gew.°/o aufwei-
sen (Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe 2007; s.a. Kuntze et al. 1994).
Unter geobotanisch-geografischen Gesichts-
punktenbeschreiben Moore durch (ehemalige) Ver-
nässungen gekennzeichnete Landschaften oder
Landschaftsausschnitte mit Torfauflagen und -
sofern es sich um lebende Moore handelt - charak-
teristischen Pflanzen- und Tiergesellschaften. Dar-
über hinaus werden oftmals aber auch drainierte
und in Nutzung befindliche Torflagerstätten als
Moore bezeichnet. Einige Autoren zählen auch die
Landschaften zu den Mooren, in denen noch keine
oder nur geringe Torfauflagen vorhanden sind,
unter den aktuellen Bedingungen aber Torfakku-
 
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