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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 17.1974

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Westphalen, Klaus: Der Lateinunterricht im Spiegel neuer Lehrpläne: eine Zwischenbilanz der Curriculumrevision
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https://doi.org/10.11588/diglit.33068#0006

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Klaus Westphalen

Der Lateinunterricht im Spiegel neuer Lehrpläne
Eine Zwischenbilanz der Curriculumrevision
Ein Lehrplan ist keinesfalls identisch mit Unterricht, er ist ein didaktischer
Entwurf. Sein direkter Einfluß auf den Lehrer ist gering. „Allgemein läßt sich
sagen, daß die Lehrpläne die Planung und Gestaltung des Unterrichts nur in
einem geringen Grade tatsächlich bestimmen.“ (Deutscher Bildungsrat1). Dennoch
lassen sich aus ihm Konzeptionen zukünftigen Unterrichts ablesen. Nicht allein
der Augenblicksstand der fachdidaktischen Diskussion spiegelt sich im neu er-
lassenen Lehrplan; die unterrichtliche Zukunft wird antizipiert. Auf dem Wege
über staatliche Schulaufsicht, Lehrerausbildung, Lehrerfortbildung, durch zuge-
lassene Lehrbücher usw. gelangen die „Richtlinien“ in zahlreichen Brechungen
bis hinein ins Klassenzimmer. Die offiziellen Curricula, die ich überspitzt als
staatlich legitimierte „didaktische Utopien“ bezeichnen möchte, realisieren sich
unter erheblichen Abstrichen und mit beträchtlicher Verzögerung - immerhin,
sie verändern Schulwirklichkeit.
Als Robinsohn 1967 die westdeutsche Curriculumreform inaugurierte, ging
es ihm nicht nur um eine Aktualisierung der Bildungsgehalte, sondern um eine
„systematische Revision des Gefüges“2. Heinrich Roth erwartete- 1968 davon
nichts Geringeres als die „kommende Revolution der Inhalte“3. Ein gutes Jahr-
fünft danach erscheint es sinnvoll zu fragen, was eigentlich die Curriculumrevi-
sion bisher zur Bildungsreform beigetragen habe. Eine generelle Antwort darauf
liegt bereit: Unter dem „Reduktionsdruck“ (Robinsohn) der Praxis ging man
mehr und mehr dazu über, curriculare Reformen mittelfristig zu betreiben und
fachdidaktisch einzugrenzen4.
In diesem Aufsatz soll am Beispiel eines Baches die Tiefenwirkung der
Curriculumrevision untersucht werden. Der Lateinunterricht nimmt insofern
eine Sonderstellung ein, als ihm Robinsohn als Beispiel eines angeblich veralteten
Lerninhalts ausdrücklich einen zentralen Platz im Gesamtcurriculum abgespro-
chen hatte5. Latein steht damit exemplarisch für einige andere angefochtene Fä-
cher. Sind die Stöße der Reform auf einen rocher de bronze getroffen, haben sie
1 Deutscher Bildungsrat, Empfehlungen der Bildungskommission: Zur Reform von Or-
ganisation und Verwaltung im Bildungswesen. Teil I. 1973, S. A 10; vgl. auch Bruno
Santini: Das Curriculum im Urteil der Lehrer. Basel 1971.
2 Saul B. Robinsohn: Bildungsreform als Revision des Curriculum und Ein Struktur-
konzept für Curriculumentwicklung. Neuwied 3. Aufl. 1971, S. 27.
3 Heinrich Roth: Stimmen die deutschen Lehrpläne noch? in: Die Deutsche Schule 60
(1968), S. 69.
4 Frank Achtenhagen/Peter Menck: Langfristige Curriculumentwicklung und mittel-
fristige Curriculumforschung. In: F. Achtenhagen u. Hilbert L. Meyer: Curriculum-
revision — Möglichkeiten und Grenzen. München 1. Aufl. 1971, S. 197ff.; vgl. neuer-
dings Herwig Blankertz: Fachdidaktische Curriculumforschung - Strukturansätze für
Geschichte, Deutsch, Biologie. Essen 1973.
5 Robinsohn a. a. O. S. 20.

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