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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale

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Ilg, Albert: Der Weinbau und der christliche Cult
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https://doi.org/10.11588/diglit.25449#0057

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Der Weinbau und der christliche Cult

Von Albert Ilg.

Es wurde in diesen Mittheilungen, Jahrgang 1863, p. 207 und 236, über ein Gemälde des «
ä. Kranach berichtet, welches Maria im Weingarten genannt ist und die Kirche von Zistersdorf
ziert. Im Folgenden knüpfe ich an die daselbst ausgesprochene Vermuthung an: dass sehr wahr-
scheinlich zwischen dem Weinbauwesen und dem christlichen Cultus ein Zusammenhang bestanden,
und versuche durch Belege charakteristischen Gehaltes die Frage näher und bestimmter in’s Auge
zu fassen. Selbstverständlich werden sehr wichtige und lehrreiche Beispiele vorhanden sein, die
mir aufzufinden nicht geglückt ist, doch hoffe ich, in meiner Auswahl das bezeichnendste
versammelt zu haben.
Auch die Geschichte des Weinbaues hat die grosse Weltveränderung erfahren, die allem
Bestehenden, das bleiben durfte, wenigstens ein möglichst neues Gepräge aufgedrückt hat; dahin
waren die schönen Tage da das Volk der Völker, die edlen Hellenen, des Weingenusses Kraft
und Süsse in seinerWeise gleich allem durch Mass zu adeln wusste; die Zeit als der marrotische
und pramneische Saft Homer’s Preisgesänge erregte, als zur Feier von Winzerfesten das grosse
Dreigestirn des attischen Drama’s seine unsterblichen Tragödien ersann und der geniale Aeschylus,
da er den Weinberg hütete, die Berührung des Dichtergottes empfand. Längst hatte Aristophanes
in Satyr-Spielen des allbezwingenden EußouXsu? fröhlichen Gottesdienst gehalten.
Gottesdienst war geblieben und auch der Wein musste dem Zwecke dienen, doch hörte
Fröhlichkeit nun auf berechtigt zu sein. In die Winkel der Verborgenheit musste sich die heilige
Lust nun bergen, wo das scheele Licht der Heimlichkeit, des zweideutigen, Unrechten sie traf;
was Natur forderte und auch selber bot, die positive Freude, Gemessen und kräftiges Thun war
nun Sünde und vor den ganzen Begriff der Welt, des Irdischen, setzte das Christenthum das
Zeichen des Verneinens, das Minuszeichen des Lebens und der Freude, wie einen langen Gedan-
kenstrich.
Der Gedankenstrich des asketischen Princips liess auf Abstractions-Erfolge auch nicht lange
warten. Speculation und Meditation, das öde buddhistische Brüten lagerte sich wie ein düsterer
Abend über die weite Welt und tödtete im Keim jede frische Lebensbltithe. Auch über den
lustigen Wein, den Sorgen scheuchenden Auatos, den Dichterfreund und Aphroditens Herold kam
das allgemeine finstre Los. Er muss den Ruhm segensvoller Vergangenheit vergessen, da Bacchus
den wilden Menschen des Urwaldes im Verein mit Demeter vom Thiere zu freiem edlen Sein

XVI.

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