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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale

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Thausing, Moritz: Das Dürer'sche Altarwerk zu Ober-St.-Veit bei Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.25449#0107

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Das Diirersche Altarwerk zu Ober-St.-Yeit bei Wien.

Von De. Mokjz Thausing.

Die vier Irandertjährige Jubelfeier der Geburt Albreeht Dürer’s, die auf den 21. Mai dieses
Jahres fällt, erhöht noch das ohnehin stets rege Interesse an seinen Werken bei allen Freunden
der altdeutschen Kunst. Und dieser Umstand mag es rechtfertigen, wenn wir die Aufmerk-
samkeit unserer Leser auf ein bisher unbeachtetes Altarwerk aus Dürer’s Werkstatt lenken,
obwohl demselben eine hervorragende künstlerische Bedeutung nicht beigemessen werden kann.
Dazu fehlt dem „St. Veiter Altäre“ — wie wir ihn fortan ganz passend nennen können —
die Vollendung von Dürer’s eigener Hand; und darum wohl wurde auch das Werk mit dem
Namen des grossen'Meisters bisher noch nicht in Verbindung gebracht, ind.ess sich anderwärts
Schulbilder dieser Art stolz mit Dürer’s Namen brüsten. Was dem Werke an künstlerischer
Vollendung und guter Erhaltung1 abgeht, das ersetzt reichlich seine Wichtigkeit für die
Entwicklung und Geschichte Dürer’s.
Und gerade in seiner Eigenschaft als Gesellenarbeit gewinnt der Altar von Ober-St.-Veit
einen besondern Werth für Wien. So reich nämlich unsere Stadt an eigenhändigen Bildern
Dürer’s ist, so fehlte es uns bisher doch an irgend einer Vertretung jener Gattung von
Gemälden, die von ihm blos erfunden und entworfen, auch wohl vorgezeichnet und retouchirt,
sonst aber von seinen „Knechten“ oder Gesellen ausgeführt sind. Als ein ganz merkwürdiges
und lehrreiches Beispiel dieser Art mag uns daher der St. Veiter Altar immerhin willkommen
sein, auch bei der seltenen Fülle Dürer’scher Originalgemälde, deren sich insbesondere Wien
zu erfreuen hat, und worin nur noch München und Florenz mit ihm wetteifern können, ohne es
aber zu überbieten.
Ähnliche Schulbilder sind das Holzschuher’sche Altargemälde aus der Sammlung Bois-
seree, jetzt in der Moriz-Capelle zu Nürnberg: die Beweinung des Leichnams Christi, und eine
andere Darstellung desselben Gegenstandes in der Pinakothek zu München (Saal Nr. 94).
Sie stammen wohl sämmtlich aus einer Zeit, da Dürer für seine Aufträge noch nicht in dem
Eiasse entlohnt wurde, dass er seine ganze Mühe denselben hätte zuwenden können. Überhaupt
stellte man in Ober-Deutschland keine so hohen Anforderungen an ein Altarbild, wie etwa in
Italien und den Niederlanden. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht die Äusserung Dürer’s in einem
Briefe an Jakob Heller von 1508, wo er von der' Ausführung einer Tafel mit dem grössten
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