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er mich auch zu manchen anderen Anftrengungen nicht
befähigt, deren Früchte mir heilfam geworden find. —
Wenn ich es nun Eurer Erziehung, liebe Eltern, ver-
danke, dafs ich ohne Reue zurückblicken kann, fo
danke ich es der Erziehung des Schickfals, das fich
bisher uns fo mild erwies, dafs ich nur mit frohen
Hoffnungen in die Zukunft fehe, und die wachen
Träume von künftigem Glück haben mir noch manche
der Arbeit beftimmte Stunde geftohlen.«
Die fchmale Gefangenenkoft, welche anfangs, nur
mit einem Schluck Waffer befeuchtet, Henle's Nahrung
bildete, erfuhr nach den erften zehn bis vierzehn Tagen
eine Verbefferung, was wefentlich den unabläffigen Be-
mühungen feiner Freunde Froriep und Guftav Magnus
zu verdanken war. Ja, fie hatten es fogar, »zum erften-
mal, feit die Hausvoigtei flehte, durchgefetzt, dafs er
Wein bekam. Der fchlimmftc Tag für den Einge-
kerkerten war zweifellos fein auf den 19. Juli fallender
Geburtstag, aber auch er follte nicht klanglos vorüber
gehen, Frau Profeffor Wiegmann hatte ihm ein fchönes
ürieftäfchchen geftickt, was Herr Wiegmann felbft ins
Gefängnifs brachte. Magnus hatte es veranftaltet, dafs
der Gefangenwärter Morgen« gratulirte und Mittags
bekam er fogar ein Glas Eis! bei der herrfchenden
Hitze, welche in der engen Zelle doppelt drückend
war, keine geringe Annehmlichkeit. Die Zelle felbft
war und blieb das Schlimmfte an der ganzen Gefangen-
fchaft. Sie war nicht nur klein und fchlecht, fondern
wimmelte auch von Ungeziefer aller Art, fo dafs die
Erinnerung gerade daran noch in fpäten Jahren Henle
ganz befonders unangenehm war. Die Sonntage fpiel-
ten während der Gefangenfchaft eine Hauptrolle; denn
er mich auch zu manchen anderen Anftrengungen nicht
befähigt, deren Früchte mir heilfam geworden find. —
Wenn ich es nun Eurer Erziehung, liebe Eltern, ver-
danke, dafs ich ohne Reue zurückblicken kann, fo
danke ich es der Erziehung des Schickfals, das fich
bisher uns fo mild erwies, dafs ich nur mit frohen
Hoffnungen in die Zukunft fehe, und die wachen
Träume von künftigem Glück haben mir noch manche
der Arbeit beftimmte Stunde geftohlen.«
Die fchmale Gefangenenkoft, welche anfangs, nur
mit einem Schluck Waffer befeuchtet, Henle's Nahrung
bildete, erfuhr nach den erften zehn bis vierzehn Tagen
eine Verbefferung, was wefentlich den unabläffigen Be-
mühungen feiner Freunde Froriep und Guftav Magnus
zu verdanken war. Ja, fie hatten es fogar, »zum erften-
mal, feit die Hausvoigtei flehte, durchgefetzt, dafs er
Wein bekam. Der fchlimmftc Tag für den Einge-
kerkerten war zweifellos fein auf den 19. Juli fallender
Geburtstag, aber auch er follte nicht klanglos vorüber
gehen, Frau Profeffor Wiegmann hatte ihm ein fchönes
ürieftäfchchen geftickt, was Herr Wiegmann felbft ins
Gefängnifs brachte. Magnus hatte es veranftaltet, dafs
der Gefangenwärter Morgen« gratulirte und Mittags
bekam er fogar ein Glas Eis! bei der herrfchenden
Hitze, welche in der engen Zelle doppelt drückend
war, keine geringe Annehmlichkeit. Die Zelle felbft
war und blieb das Schlimmfte an der ganzen Gefangen-
fchaft. Sie war nicht nur klein und fchlecht, fondern
wimmelte auch von Ungeziefer aller Art, fo dafs die
Erinnerung gerade daran noch in fpäten Jahren Henle
ganz befonders unangenehm war. Die Sonntage fpiel-
ten während der Gefangenfchaft eine Hauptrolle; denn