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Schneidmüller, Bernd [Hrsg.]; Weinfurter, Stefan [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Otto III. - Heinrich II.: eine Wende? — Mittelalter-Forschungen, Band 1: Sigmaringen, 1997

DOI Artikel:
Althoff, Gerd: Otto III. und Heinrich II. in Konflikten
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https://doi.org/10.11588/diglit.25411#0110
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Gerd Althoff

Jahren der königlichen Ungnade^. Im gleichen Zeitraum bemühte sich der Kaiser
aber auffällig um Gebetshilfe. Er wurde /mfcr mehrerer Domkapitel mit der Bitte,
schon zu Lebzeiten an seinem Geburtstag die gleichen Gebetsleistungen zu bekom-
men wie die anderen Kanoniker. Er kümmerte sich überdies um die Neustiftung
des Gedenkens an seine Vorfahren in Merseburg und gründete mit Kunigunde das
Kloster Kaufungen. Ausgelöst wurde zumindest der letzte Teil dieser Aktivitäten
durch eine schwere Erkrankung seiner Gemahlin im Jahre 1017, die dem Kaiser die
/hagz'ü'Hs inunonac uz'Hc bewußt machte W
Man sollte zumindest überdenken, ob nicht die Begnadigung seiner Gegner
und der Friedensschluß vor diesem Hintergrund Sinn bekommt, denn das Gebet
des Herrn dünüH ooh's nosfm, si'cüf ef tios düm'üz'wMS dcHYonTus nosfn's könnte
gerade in dieser Situation das Leitmotiv Heinrichs gewesen seinW
Berechtigt sind diese Hinweise nicht zuletzt dadurch, daß die Quedlinburger
Annalen, die Heinrich II. alles andere als freundlich gesonnen waren, bereits zum
Jahre 1013 folgendes berichteten: »Er hatte beschlossen, das heilige Osterfest in Aa-
chen zu begehen, doch konnte dies nicht geschehen, weil eine plötzliche und ge-
fährliche Krankheit dazwischen kam, die ihm von oben her eine so so große Todes-
furcht einjagte, daß er einige, die er ihrer Würde entkleidet, und andere, die er der
Süße seiner Gnade zu Unrecht beraubt hatte, mit Vergebung ihrer Vergehen in ihre
früheren Stellen zurückversetzte«^. Zur Erinnerung: Pfingsten 1013 schloß Hein-
rich II. auch seinen einzigen persönlichen Frieden mit Boleslaw.
Die Nachricht der Quedlinburger Annalen bietet also ein Schlüsselzeugnis
dafür, daß man der Meinung war, Heinrichs Verschärfung der Regeln der Konflikt-
beendigung sei Ursache des Zornes Gottes, also sündhaft. Ich wage keine Entschei-
dung der Frage, ob dies in der Situation der Erkrankung auch Einschätzung des
Herrschers selbst war. Es könnte sich auch um einen geschickt plazierten Vorwurf
handeln.
Wie dem auch sei, ob Vorwurf oder Selbsteinschätzung, die Stelle bietet jeden-
falls den Beleg, daß man Heinrich eine gravierende Veränderung der Spielregeln
anlastete: die Abkehr vom großzügig verzeihenden Herrscher.

52 Vgl. dazu Thietmar, Chronicon VII 66 (wie Anm. 12), S. 480; sowie LÜBKE, Regesten zur Ge-
schichte der Slaven an Elbe und Oder (wie Anm. 26), Bd. 4, Nr. 531, S. 84f.
53 Vgl. dazu bereits ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung
(wie Anm. 37), S. 243f.; s. jetzt MICHAEL BORGOLTE, Die Stiftungsurkunden Heinrichs II. Eine Stu-
die zum Handlungsspielraum des letzten Liudolfingers, in: Festschrift für Eduard Hlawitschka
zum 65. Geburtstag, hg. von KARL RUDOLF ScHNiTH und ROLAND PAULER (Münchner Historische
Studien. Abteilung mittelalterliche Geschichte 5), München 1993, S. 231-250; sowie WOLFGANG
WAGNER, Das Gebetsgedenken der Liudolfinger im Spiegel der Königs- und Kaiserurkunden
von Heinrich I. bis zu Otto III., in: Archiv für Diplomatik 40, 1994, S. 1-78. In beiden Arbeiten
wird mein methodischer Ansatz zur Auswertung liudolfingischer Memorialüberlieferung merk-
würdig einseitig referiert. Die sich anschließende Kritik basiert dann nicht zuletzt auf dem selbst
produzierten Mißverstehen.
54 Zum Begriff 4gHior im Rahmen des Gedenkwesens vgl. bereits ALTHOFF, Adels- und Königsfami-
lien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung (wie Anm. 37), S. 15 f.
55 Annales Quedlinburgenses (wie Anm 36), ad a. 1013, S. 81: Statnit gf scsaMcfam pascha Wnisyaniac-
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