Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0017

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
I. Einleitung:
Zum Beziehungsgefüge von staufischer
>Reichshistoriographie< und scholastischer
Intellektualität im Elsaß

1. Der Herrscher und die Philosophen. Staufische
>Reichshistoriographie< und neue Wissenskultur
im 12. Jahrhundert

1.1. Otto von Freising und der >neue Aristoteles<
Platon oder Aristoteles? Auf diese Frage ließe sich ohne weiteres die Suche
nach der bestimmenden Referenzgrundlage für eine Zeit zuspitzen, deren
philosophisches Bemühen wohl stärker als das jeder vorauf gehenden wie
bislang nachfolgenden europäischen Geschichtsepoche von Rezeptionsbedin-
gungen und Autoritätsfixierungen geleitet erscheint^. Im Blick auf die weitge-
hend angenommene, besonders durch Augustinus nachhaltig vermittelte
Kongruenz von Platonismus und christlicher Glaubensdoktrin, zum andern
auf die nur bruchstückhafte Kenntnis des Aristoteles, dessen Werk zumindest
im Okzident lange nur in einigen von Boethius übersetzten logischen Schrif-
ten vorlag, scheint eine klare Antwort wenigstens für das frühe und auch
noch das hohe Mittelalter bis zum 12. Jahrhundert gegeben. Für die philoso-
phiegeschichtliche Forschung bildet dieses Jahrhundert, unbeschadet aller
Terminologiedebatten um die ihm seit langem anhaftenden kulturgeschichtli-
chen Wertbegriffe (vorzugsweise: >Renaissance<)', zweifellos eine »Wasser-

1 Vgl. den sehr pointierten Essay von WIELAND, Plato oder Aristoteles?, sowie die strukturie-
rende Übersicht bei FLASCH, Das philosophische Denken, Abschnitt V. Kap. 30, S. 363ff.;
grundsätzlich: CASSIRER, Erkenntnisproblem, S. 66. Den Hintergrund einiger im Text nur
kursorisch anzusprechender Entwicklungen erörtern u. a. BEIERWALTES, Platonismus im
Christentum, bes. S. 7ff., bzw. - zum mittelalterlichen Aristotelismus - die zusammenfas-
senden Beiträge von DOD und LOHR zur ^Cambridge History of Later Medieval Philosophy<
(1982/Ndr. 1992).
2 Im vorliegenden Zusammenhang wurde der Begriff Renaissance - lange vor seiner diesbe-
züglichen Etablierung durch den Titel des berühmt gewordenen Buches von CHARLES
HOMER HASKINS (1927) - offenbar erstmals aufgebracht von HASTINGS RASHDALL, The Uni-
versities of Europe in the Middle Ages, Bd. 1, Oxford 1895 (Erstausgabe), Überschrift von
Kap. 2 bzw. S. 30ff., woran erstmals CLASSEN, Burgundio von Pisa, S. 65 Anm. 1 erinnert hat.
Zum historischen Rahmen dieser wissenschaftlichen Begriffsbildung FERRUOLO, Twelfth-
Century Renaissance; eine Konfrontation der Begriffe »Renaissance« und »Aufklärungszeit-
alter« bei VON MOOS, Das 12. Jahrhundert. Kritische Grundsatzüberlegungen knüpfte an die
Aufbruchs-Metapher Johannes Fried im Rahmen einer Literatursichtung neuerer Gesamt-
darstellungen zur deutschen Geschichte des Hohen Mittelalters; vgl. DENS., Bemerkungen,
 
Annotationen