Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rogge, Jörg [Bearb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

DOI Artikel:
Rogge, Jörg,: Einleitung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0014

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

Jörg Rogge

Kurzum: hochadelige Frauen und Fürstinnen waren bisher für die historische For-
schung tendenziell eher eine Randgruppe, obwohl sie in sozialer und kultureller,
aber - allerdings mit Abstrichen - auch wirtschaftlicher und politischer Hinsicht zu
den zentralen Personengruppen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesell-
schaft zu rechnen sind. Die folgenden Beiträge zielen deshalb darauf ab, die Mög-
lichkeiten auszuloten, die mit genuin historischen Methoden und den traditionellen
Quellen der Historiker bestehen, um die Lebenswirklichkeit von Fürstinnen zu
beschreiben und zu analysieren. Die literarischen und normativen Diskurse über
hochadlige Frauen sind im Hintergrund der Beiträge präsent, stehen aber bewußt
nicht im Zentrum des Erkenntnisinteresses. Die Autoren und Autorinnen dieses
Bandes wurden gebeten, bei der Untersuchung der Lebensführung und der Hand-
lungspielräume von hochadeligen Frauen und/oder Fürstinnen für die Zeit vom
hohen Mittelalters bis in das 16. Jahrhundert die folgenden Leitperspektiven zu
berücksichtigen, um erste synchrone und diachrone Vergleiche der einzelnen Bei-
spiele vornehmen zu können.
1. Bedingungen und Formen des Alltags der Frauen in den Familien, ihre Bezie-
hung zum Ehegatten und ihr Verhältnis zu den Personen des engeren Lebens-
umfeldes. Lassen sich Aussagen über ihr Selbst- und Rollenverständnis
machen? Außerdem war danach gefragt, wie Fürstinnen als Repräsentantinnen
adeliger Kultur und Frömmigkeit, als Stifterinnen oder Mäzeninnen aufgetre-
ten sind.
2. Wie agierten weltliche Fürstinnen als Herrschaftsträger in der politischen Pra-
xis? Untersuchenswert sind insbesondere ihre Rolle und Funktion in Vor-
mundschaftsräten oder als selbständige Regentinnen - zumeist nach dem Tod
ihres Ehemannes für den noch minderjährigen Erben - sowie die aus diesem
Handeln resultierenden Konflikte mit Verwandten und den Ständen.
3. Mit diesen Fragen korrespondiert die Untersuchung von Fürstinnen in geistli-
chen Einrichtungen, wobei vor allem die Herrschaftspraxis analysiert werden
soll. Durch die Berücksichtigung von geistlichen (Äbtissinnen) und weltlichen
Fürstinnen (Ehefrauen/Mütter) kann stärker konturiert werden, welche dieser
beiden Formen der Lebensführung den Frauen mehr Handlungsspielraum
und die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme an der Herrschaftsausübung bot.
Die Leitfragen dienten zur Präzisierung der gemeinsamen Arbeit, gleichwohl ste-
hen die Beiträge auch für sich - davon können und sollen sich die Leser selber über-
zeugen. Ich stelle deshalb im folgenden nicht die einzelnen Aufsätze im Detail vor,
sondern weise auf die Ergebnisse hin, die man als Entwicklungen in den drei Leit-
perspektiven über den Untersuchungszeitraum hinweg gemeinsam lesen kann.

der Neuzeit, in: Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter, hg. von Cordula Nolte/
Karl-Heinz Spiess/Gunnar Werlich (Residenzenforschung 14), Stuttgart 2002, S. 235-276.
 
Annotationen