Zu fürstlicher Körperlichkeit, Gesunderhaltung und Lebenssicherung
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Entwurf zur Kosteneinschränkung von 1528 setzte für das Frauenzimmer einen
Arzt nicht zwingend voraus.78
Wie vertrauensvoll das Verhältnis von Fürst und Fürstin zu den Feibärzten war
und wie intensiv letztere in den Umgang des Paares miteinbezogen wurden, zeigt
sich an Briefen, die während Trennungsphasen hin- und hergingen. Die Ärzte infor-
mierten die Eheleute wechselseitig über ihr Wohlergehen, gaben Ratschläge, und
bildeten insbesondere mit der Fürstin ein Gespann, das sich gemeinsam um die
Gesundheit des Fürsten bemühte. Kurfürstin Anna etwa besprach mit Meister
Niklas die Mitteilungen, die ihr Mann ihr aus dem Feldlager über sein Befinden
schickte, und sandte dem Kurfürsten dann ein heilsames Wasser samt Empfehlun-
gen des Arztes.79 Während der Reisen Herzog Albrechts von Preußen hielt sein mit-
reisender Leibarzt Dr. Basilius Axt engen Briefkontakt mit Herzogin Dorothea,
damit sie über die Verfassung ihres Mannes und den Reiseverlauf im Bild war. Er
verschwieg dabei auch seine Sorge um den Herzog nicht, der durch seine politi-
schen Verpflichtungen und das unordenliche saufen arg strapaziert werde.80 Umge-
kehrt meldete der zweite Leibarzt, der sich bei Dorothea aufhielt, dem abwesenden
Herzog, »daß die Herzogin sehr krank geworden sei und sich nach ihrem Gemahl
sehne oder wenigstens einen Brief von ihm zu erhalten wünsche.«81 Er war also
nicht nur über ihre körperliche, sondern auch über ihre seelische Verfassung im Bild
und fungierte als Sprachrohr ihrer Wünsche.
Die Kooperation zwischen Arzt, Fürst und Fürstin lenkt hinüber zur Eigen-
initiative von Laien auf dem Gebiet der Gesunderhaltung und Medikation. Gerade
für Adlige, die im ständigen Dialog mit ihren Ärzten standen, war es leicht, sich,
ausgehend von eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, ein gewisses heilkundli-
ches Wissen anzueignen und entsprechende Interessen zu entwickeln.82 Der prakti-
78 Karl Schornbaum, Eine Hofordnung des Markgrafen Georg von Brandenburg aus dem Jahre
1528, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 53, 1906, S. 32-39. Unter den
Löhnen für das Frauenzimmerpersonal werden 6 fl für den Bader verzeichnet sowie 100 fl dem
doctorartzet so man aynen haben will. Darüber hinaus werden 10 fl für den Barbier des Fürsten ver-
anschlagt. Von den Räten mit Doktortitel ist keiner als Mediziner bzw. Leibarzt ausgewiesen.
79 Meister Niklas ließ über seine Ratschläge hinaus ausrichten, er sei Kurfürst Albrecht bedin-
gungslos ergeben und wolle zu ihm kommen, wenn er ihn benötige. Anna an Albrecht, 11. März
1475. Steinhausen, Privatbriefe (wie Anm. 49), Nr. 196, S. 138-140. Zuvor hatte Albrecht Anna
geschrieben, er sei am Podagra erkrankt gewesen, habe sich aber erholt (ebd., Nr. 193, S. 135-
137). Dem muß noch ein Schreiben mit der Nachricht gefolgt sein, daß er stark abnehme.
80 Axt setzte beruhigend hinzu, daß der Herzog sich dem so weit wie möglich entziehe. Scholz,
Ärzte (wie Anm. 52), S. 55f., zu Axts Briefen aus den 1540er Jahren (dort auch das Zitat). Doro-
thea berichtete dem Arzt ihrerseits, wie es ihr gesundheitlich ging. 10. Nov. 1543. Urkunden-
buch zur Reformationsgeschichte des Herzogthums Preußen, 3 Bde., hg von Paul Tschackert,
(Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven 43-45), Leipzig 1890, Nachdruck Osna-
brück 1965, hier Bd. 3, Nr. 1587, S. 49. Die Herzogin stand auch mit anderen Reisebegleitern
ihres Mannes im Kontakt. Vgl. Gundermann, Herzogin Dorothea (wie Anm. 44), S. 179ff.
81 (28. Dez. 1545?). Tschackert, Urkundenbuch (wie Anm. 80), Bd. 3, Nr. 1832, S. 115. Scholz,
Ärzte (wie Anm. 52), S. 57.
82 Vgl. zu Herzogin Dorothea von Preußen Gundermann, Herzogin Dorothea (wie Anm. 44),
S. 97f. Scholz, Ärzte (wie Anm. 52), S. 72, S. 100. Ebd., S. 103ff., zu Herzog Albrecht von
Preußen. Zum Erfahrungswissen als Verknüpfung tradierter ätiologischer Auffassungen mit
der eigenen Lebensgeschichte Jütte, Weib (wie Anm. 19), S. 12. Zum Gesundheitswesen im
Haus und zur Wissensvermittlung für den »gemeinen Mann« auch den Abschnitt »Ärzte
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Entwurf zur Kosteneinschränkung von 1528 setzte für das Frauenzimmer einen
Arzt nicht zwingend voraus.78
Wie vertrauensvoll das Verhältnis von Fürst und Fürstin zu den Feibärzten war
und wie intensiv letztere in den Umgang des Paares miteinbezogen wurden, zeigt
sich an Briefen, die während Trennungsphasen hin- und hergingen. Die Ärzte infor-
mierten die Eheleute wechselseitig über ihr Wohlergehen, gaben Ratschläge, und
bildeten insbesondere mit der Fürstin ein Gespann, das sich gemeinsam um die
Gesundheit des Fürsten bemühte. Kurfürstin Anna etwa besprach mit Meister
Niklas die Mitteilungen, die ihr Mann ihr aus dem Feldlager über sein Befinden
schickte, und sandte dem Kurfürsten dann ein heilsames Wasser samt Empfehlun-
gen des Arztes.79 Während der Reisen Herzog Albrechts von Preußen hielt sein mit-
reisender Leibarzt Dr. Basilius Axt engen Briefkontakt mit Herzogin Dorothea,
damit sie über die Verfassung ihres Mannes und den Reiseverlauf im Bild war. Er
verschwieg dabei auch seine Sorge um den Herzog nicht, der durch seine politi-
schen Verpflichtungen und das unordenliche saufen arg strapaziert werde.80 Umge-
kehrt meldete der zweite Leibarzt, der sich bei Dorothea aufhielt, dem abwesenden
Herzog, »daß die Herzogin sehr krank geworden sei und sich nach ihrem Gemahl
sehne oder wenigstens einen Brief von ihm zu erhalten wünsche.«81 Er war also
nicht nur über ihre körperliche, sondern auch über ihre seelische Verfassung im Bild
und fungierte als Sprachrohr ihrer Wünsche.
Die Kooperation zwischen Arzt, Fürst und Fürstin lenkt hinüber zur Eigen-
initiative von Laien auf dem Gebiet der Gesunderhaltung und Medikation. Gerade
für Adlige, die im ständigen Dialog mit ihren Ärzten standen, war es leicht, sich,
ausgehend von eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, ein gewisses heilkundli-
ches Wissen anzueignen und entsprechende Interessen zu entwickeln.82 Der prakti-
78 Karl Schornbaum, Eine Hofordnung des Markgrafen Georg von Brandenburg aus dem Jahre
1528, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 53, 1906, S. 32-39. Unter den
Löhnen für das Frauenzimmerpersonal werden 6 fl für den Bader verzeichnet sowie 100 fl dem
doctorartzet so man aynen haben will. Darüber hinaus werden 10 fl für den Barbier des Fürsten ver-
anschlagt. Von den Räten mit Doktortitel ist keiner als Mediziner bzw. Leibarzt ausgewiesen.
79 Meister Niklas ließ über seine Ratschläge hinaus ausrichten, er sei Kurfürst Albrecht bedin-
gungslos ergeben und wolle zu ihm kommen, wenn er ihn benötige. Anna an Albrecht, 11. März
1475. Steinhausen, Privatbriefe (wie Anm. 49), Nr. 196, S. 138-140. Zuvor hatte Albrecht Anna
geschrieben, er sei am Podagra erkrankt gewesen, habe sich aber erholt (ebd., Nr. 193, S. 135-
137). Dem muß noch ein Schreiben mit der Nachricht gefolgt sein, daß er stark abnehme.
80 Axt setzte beruhigend hinzu, daß der Herzog sich dem so weit wie möglich entziehe. Scholz,
Ärzte (wie Anm. 52), S. 55f., zu Axts Briefen aus den 1540er Jahren (dort auch das Zitat). Doro-
thea berichtete dem Arzt ihrerseits, wie es ihr gesundheitlich ging. 10. Nov. 1543. Urkunden-
buch zur Reformationsgeschichte des Herzogthums Preußen, 3 Bde., hg von Paul Tschackert,
(Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven 43-45), Leipzig 1890, Nachdruck Osna-
brück 1965, hier Bd. 3, Nr. 1587, S. 49. Die Herzogin stand auch mit anderen Reisebegleitern
ihres Mannes im Kontakt. Vgl. Gundermann, Herzogin Dorothea (wie Anm. 44), S. 179ff.
81 (28. Dez. 1545?). Tschackert, Urkundenbuch (wie Anm. 80), Bd. 3, Nr. 1832, S. 115. Scholz,
Ärzte (wie Anm. 52), S. 57.
82 Vgl. zu Herzogin Dorothea von Preußen Gundermann, Herzogin Dorothea (wie Anm. 44),
S. 97f. Scholz, Ärzte (wie Anm. 52), S. 72, S. 100. Ebd., S. 103ff., zu Herzog Albrecht von
Preußen. Zum Erfahrungswissen als Verknüpfung tradierter ätiologischer Auffassungen mit
der eigenen Lebensgeschichte Jütte, Weib (wie Anm. 19), S. 12. Zum Gesundheitswesen im
Haus und zur Wissensvermittlung für den »gemeinen Mann« auch den Abschnitt »Ärzte