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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Rogge, Jörg [Bearb.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Asztalos, Bernadett,: Das Alltagsleben adeliger Frauen in der Frühen Neuzeit in Ungarn
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https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0144

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Bernadett Asztalos

Länder, zum Beispiel die in Siebenbürgen an Rumänien. In der Ceausescu-Ära wur-
den zahlreiche Dokumente vernichtet. Obwohl diese nichts mit dem 20. Jahrhun-
dert zu tun hatten, fielen sie wegen ihrer ungarischen Herkunft der Kulturpolitik
des kommunistischen Regimes zum Opfer. Das dritte Problem ist, dass ein Teil der
erhalten gebliebenen Quellen in den Archiven noch nicht geordnet ist. So wissen wir
nicht, wie groß der Anteil an den Gesamtquellen der bisher bekannte Bestand an
Dokumenten ist. Man muß damit rechnen, bis jetzt unbekannte Quellen in großer
Menge zu finden. Weil unsere Archivbestände nicht vollständig erfaßt und nicht
geordnet sind, müssen wir mit Statistiken vorsichtig umgehen. Die Forschungsar-
beiten werden fortgesetzt und die bisherigen Ergebnisse als vorläufig angesehen.
Der vorliegende Beitrag spiegelt die jetzige Forschungslage wieder.2 3
Nach den Bemerkungen zur Quellenlage folgen nun Erläuterungen zu dem
Titel »Das Alltagsleben adliger Frauen in der frühen Neuzeit in Ungarn«. Die Neu-
zeit wird in der Weltgeschichte von den 1492er Jahren bis zum Ende des 19. Jahr-
hunderts datiert, die Frühe Neuzeit in diesem Zeitraum bis zum Anfang des 18.
Jahrhunderts. In Ungarn hingegen läßt man die Frühe Neuzeit 1526 beginnen - mit
der Niederlage bei Mohäcs. Dieses Ereignis markiert nämlich einen scharfen Ein-
schnitt in der ungarischen Geschichte, obwohl die eingentliche Scheidelinie das Jahr
1541 ist, als das osmanische Heer das Zentrum des Landes - die Burg von Ofen
(Buda) - eroberte. Von diesem Zeitpunkte war das Land in drei Teile zerfallen. Das
mittlere Gebiet war von den Osmanen besetzt, östlich von diesem Gebiet lag Sie-
benbürgen, wo die ungarische Kultur weiterlebte, und sich auf eine ganz spezielle
Weise entwickelte. Der dritte Teil war das königliche Ungarn, wo die Macht der
Habsburger zur Geltung kam. In der Mitte dieses Gebietes liegt Transdanubien, wo
der größte Teil unserer Quellen erhalten geblieben ist. Deshalb beziehen sich meine
Ausführungen im wesentlichen auf diese Region.
Weiter ist noch zu klären, wer in Ungarn als adlig bezeichnet wurde. Es gab in
unserer Region keine Herzoge und Grafen, sondern nur große und mittlere Grund-
besitzer. In der Mitte des 16. Jahrhunderts hielten acht Großgrundbesitzer 23 Pro-
zent des Landesgebietes in der Hand, darunter befand sich auch der König selbst.
Die zweite Besitzklasse bildeten die Großgrundbesitzer, die über 300-1000 Fronhöfe
verfügten. Zwanzig dieser Grundbesitzer hatten 41 Prozent des Landgebietes in der
Hand. Weiter gab es 24 mittlere Grundbesitzer, die 150-300 Fronhöfe besaßen.1
Wenn wir über die Lebensweise der Adligen sprechen, werden wir uns mit diesen
Familien näher beschäftigen. Die Lebensweise derer, die über kleinere Besitzungen
verfügten, ist nämlich kaum von der Lebensweise der reicheren Bauern zu unter-
scheiden (obwohl sie in ihren Namen das Beiwort »adelig« behielten und ihnen die
Vorrechte der Adligen auch zukamen).
Nach der Niederlage bei Mohäcs fand in der Adelshierarchie eine erhebliche
Umschichtung statt und auf den ersten Blick könnte man denken, dass die Schicht

2 Für diesen Beitrag wurden Bestände aus den folgenden Archiven verwendet: 1. Ungarische
Landesarchive, Budapest (UL), Archivum Camerae; 2. Archivum familiae Nädasdy; 3. Archi-
vum familiae Batthiäny; Missiles.
3 Magyarorszäg törtenete 1526-1686 (The History of Hungary 1526-1686), hg. von Agnes R. Vär-
konyi, Budapest 1985, S. 384-389.
 
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