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Bihrer, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Begegnungen zwischen dem ostfränkisch-deutschen Reich und England (850 - 1100): Kontakte, Konstellationen, Funktionalisierungen, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 39: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34755#0145

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144

B) Regiones

nahm im 11. Jahrhundert zu; zuerst sind sie als Helfer von Exilanten belegt, die ihre
Rückkehr nach England organisierten. Bei den Kämpfen nach dem Tod Eduards des
Bekenners sind Söldner aus Flandern in den Heeren Tostigs und Wilhelms des Erobe-
rers nachgewiesen, allerdings schlossen sich dem Normannen nur wenige aus dem ger-
manischsprachigen Teil Flanderns an: Es war gewiss kein Zufall, dass im Heer Wil-
helms mit Gerbold von Oosterzele und Gilbert von Gent nur zwei nachgeborene Söhne
belegt sind, die aber exakt den beiden Familien angehörten, welche die Vogteien der
Klöster St. Bertin und St. Peter in Gent innehatten. Somit suchten Gerbold und Gilbert
nicht nur Abenteuer und Landbesitz, sondern vertraten auch die Interessen ihrer Fami-
lien und jener beiden Klöster, die vor 1066 die engsten Verbindungen nach England
besaßen.
Über einen argumentativen Einsatz der Herkunft aus dem ostfränkisch-deutschen
Reich, um eigene Interessen in England zu verfolgen, geben die Quellen für die unter-
suchten Berufsgruppen keinen Aufschluss. Allerdings ist zu bedenken, dass mit den
hier behandelten Münzern, Goldschmieden, Seefahrern und Söldnern auch weitgehend
schriftlose soziale Gruppen untersucht wurden, sodass diesbezüglich kaum sichere
Aussagen gemacht werden können. Greifbar sind lediglich die Darstellungsstrategien
des Verfassers des hofnahen Anglo-Saxon Chronicle, der von einem gemeinsamen
Kampf von Angelsachsen und Friesen unter der Führung König Alfreds berichtet. Der
Chronist benutzt dabei die Nachricht, dass in dieser Seeschlacht einige Friesen gefallen
seien, um anhand mehrerer Argumentationslinien zu demonstrieren, dass Alfred für
die Verteidigung Englands die besten Militärexperten rekrutiert und ein Heer der am
Kanal lebenden Christen gegen die Heiden zusammengebracht hatte.

B) 2) f) Gelehrte
Benno uon Trier
Im Umkreis von Königen, Fürsten und Bischöfen hielten sich oftmals Gelehrte auf, die
in der Geschichtsschreibung, Hagiographie, Kunst oder anderen Artes bewandert wa-
ren und nach einem Patron suchten, der sie für einige Zeit versorgte. Das Leben dieser
größtenteils Geistlichen war darauf gerichtet, diese Patronagebeziehung aufrechtzuer-
halten und durch eine Versorgung mit einer Pfründe zu verstetigen bzw. nach dem
Wegfall der Gunst oder dem Tod des Gönners möglichst schnell einen neuen Patron zu
finden. Für die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts ist kein Beispiel für einen Gelehrten,
der sich zwischen England und dem ostfränkisch-deutschen Reich bewegte, durch ein
zuverlässiges Zeugnis belegt. So weist bei dem Dichter Petrus höchstens sein in Eng-
land ungewöhnlicher Name auf eine Herkunft vom Kontinent hinN Altere Forschungs-
meinungen, die einen altsächsischen Hintergrund dieses Dichters postuliert hatten
oder in seinem Gedicht >Carta Dirige Gressus<, einem Lobgesang auf König Aethelstan,
einen Reflex auf Coenwalds diplomatische Reise ins ostfränkisch-deutsche Reich 929

624 Zur Seltenheit des Namens Petrus in England vgl. Lapidge, Athelstan, S. 80-81, zu den karo-
lingischen Vorlagen des Dichters, die aber gleichwohl nicht eine kontinentale Herkunft des
Verfassers voraussetzen, vgl. Cronenwett, Basileos, S. 90, Lapidge, Athelstan, S. 71, Lapidge,
Schools, S. 21-22, Stevenson, Poem, S. 485, und Wood, Making, S. 251.
 
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