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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0127

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126

2. Weitreichende Entscheidungen: Die Krise von 1225/26

Gertrud von Dagsburg, die am 19. März 1225 etwa zwanzigjährig und kinderlos
starb, war trotz ihres jugendlichen Alters insgesamt dreimal verheiratet gewesen. Als
einziges Kind des Grafen Albrecht II. von Dagsburg-Egisheim (+ um 1212) und Erbin
ausgedehnter Besitzungen und Herrschaftsgebiete, die sich von der mittleren Maas bis
ins Untereisass hinein erstreckten,^ war sie als Spielball machtpolitischer Interessen
unter den Dynasten im deutsch-französischen Grenzraum regelrecht „herumgereicht"
worden. 150 Zum Verständnis dieser Zusammenhänge ist ein genealogisches Schema
heranzuziehen, das die komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse in dem uns inter-
essierenden Ausschnitt des Heiratsnetzwerkes der deutschen Fürsten widerspiegelt
(Farbtafel 20).
Diese Verwandtschaftstafel bedarf aufgrund ihres ungewöhnlichen Aussehens zu-
nächst einer kurzen Erläuterung. Bekanntlich stellen Stammbäume in der Regel nur
ein (agnatisches) Geschlecht dar. Um nun größere Ausschnitte aus dem gesamten Ver-
wandtschaftsnetzwerk (Agnaten und Kognaten) sinnfällig zu machen, wird in der hier
verwendeten Darstellungsform die Sohnesfolge mittels durchgezogener Pfeile, die Sc/m/c-
yiYsoVisUza/f hingegen durch gestrichelte Pfeile deutlich gemacht.'^' Diese Darstellungs-
weise ist aus der Ethnologie übernommen, durch sie kann das komplexe Heiratsverhalten
mehrerer agnatischer Geschlechter in einem Bild visualisiert werden, wobei freilich Ab-
striche an der Vollständigkeit der genealogischen Information hinzunehmen sind.^
149 Die Bedeutung des Dagsburger Territorialkomplexes hebt Richer von Senones hervor, vgl.
Rz'dzerz Gesfzz Sczzozzczzsz's codesMC, hg. von GEORG WAiiz (MGH SS XXV), Hannover 1880, S. 249-
345, hier: S. 312: „Erat czzz'zzz z'&zzz comz'tatMS castrz's et zzzizzzz'fz'ozzzhizs et opzdz's zfz'fz'ssz'zzzz's et fczrc/crfz'Zz
azhzzozhzzzz Jztatus." Zur Familie v.a. LEGL, Dagsburg.
150 Zur Attraktivität von Erbtöchtern auf dem mittelalterlichen Heiratsmarkt vgl. nur SriESS,
Familie und Verwandtschaft, S. 55-61.
151 Friedrich I. von Lothringen zum Beispiel (oben rechts) war Vater Friedrichs II. von Lothringen
und Schwiegervater Walrams IV. von Limburg. Friedrichs Enkel, Herzog Mattheus II., wurde
1225 Schwiegersohn Walrams IV. (über dessen Tochter aus zweiter Ehe, sodass hier keine
Verwandtenheirat vorliegt). Gestrichelt umrahmt sind Personen, die 1225 schon verstorben
waren. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Schema Gertrud von Dagsburg ein (unten im Bild,
als Frau durch elliptische Umrahmung sowie durch gelbe Flächenfärbung hervorgehoben).
Ihre drei Ehen werden durch gestrichelte Linien olzzic P/cz7 zu den jeweiligen Ehepartnern
symbolisiert. Grundlage des Soziogramms sind die entsprechenden Tafeln in den Europäischen
Stammtafeln (N.F.), nämlich: Bd. II, Tf. 47 (Blois-Champagne), Bd. I, Tf. 36 (Andechs-Meranien),
Bd. XVIII, Tf. 47f. (Saarbrücken), Bd. IV Tf. 24 (Leiningen), Bd. 1.2, Tf. 204f. (Lothringen)
und Tf. 229f. (Limburg). Siehe weiterhin auch WELLER, Heiratspolitik, S. 521f. zu Sophie von
Saarbrücken, der Mutter Herzog Walrams, sowie LEGL, Dagsburg zur Dagsburgergenealogie.
Eine wichtige genealogische Brücke bildet in diesem Schema Agnes von Eberstein, die
Frau Friedrichs I. von Leiningen. Deren meranische Abkunft ist nicht unumstritten, da ihre
Mutter Kunigunde auch den zähringischen Herzogen von Teck zugeordnet worden ist, vgl.
HEINEMANN, Erbe der Zähringer, S. 260 gemäß KARIN FELDMANN, Herzog Welf VI. und sein
Sohn. Das Ende des süddeutschen Weifenhauses, Diss. Tübingen 1971, S. 106ff. Doch hat
zuletzt wieder WELLER, Heiratspolitik, S. 719f., für die meranische Herkunft Kunigundes
votiert. Für die Meranierverwandtschaft der Leininger sprechen zudem klar die Karrieren
mehrerer geistlicher leiningischer Familienmitglieder im meranischen Einflussbereich, vgl.
HANS v. MALOTTKi, Heinrich von Leiningen. Bischof von Speyer und Reichskanzler. Ein Beitrag
zur Geschichte der deutschen Reichskanzlei und des Bistums Speyer im 13. Jahrhundert
(Münchener Historische Studien, Abt. Geschichtliche Hilfswissenschaften, 14), Kallmünz /
OPf. 1977, S. 26, 29 u.ö.; ferner GERD WUNDER, Otto von Eberstein. Bemerkungen zu seiner
Biographie und Genealogie, in: ZGORh 123 (1975), S. 93-101, hier S. 99f.
452 Ehefrauen tauchen nur indirekt auf und für das Verständnis der jeweils interessierenden
 
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