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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0245

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4. Ein Königtum auf Abruf. Das Reich zwischen 1231 und 1235

so wie er übel gehandelt hatte, mit dem Dolch niederstechen; und so kehrte sich das
Unrecht, das der Herzog begangen hatte, gegen sein eigenes Haupt."" Der Verdacht
gegen den Kaiser folgt hier nicht aus der Person des Täters, sondern aus der Frage nach
dem „Cui bono".
3. Das Motiv: Konrad von Fabarias Bericht steht für eine in Deutschland offenbar
weitverbreitete Einschätzung - dass nämlich zwischen dem Kaiser und Ludwig I. eine
tief verwurzelte Feindschaft bestand. Es ist dies die eigentliche, zentrale Botschaft
aller Berichte, egal, was von dem Vorwurf gegen den Kaiser zu halten ist. Und wie
die bisherige Untersuchung gezeigt hat, bestand diese Ansicht durchaus zu Recht:
Friedrich II. hatte, wohl unter dem Einfluss wittelsbacherfeindlicher Fürsten (vor allem
Österreich und Meranien), in seinem Regierungshandeln durchgängig und systematisch
die wittelsbachische Politik konterkariert.^ Diese Beobachtung, dass der Kaiser schon
seit 1225 wittelsbacherfeindlich agierte, zeigt übrigens, dass Konrad von Fabarias Verweis
auf die „Rebellion" des Herzogs 1229 zu kurz greift. Die Wurzeln der Feindschaft müssen
tiefer gelegen habend Freilich wäre es unangebracht, vom Vorhandensein eines Motivs,
den Herzog auszuschalten, zwingend auf die Mitwisserschaft Friedrichs II. am Mord zu
schließen. '^ Schon Eduard Winkelmann hat hierzu das Nötige gesagt.^
'' Cozzü'zzMzzh'o CHS MM zw s. GzzHz, cap. 39, ed. GscnwiND-GiEsiNGER, S. 96f. (dort die Übersetzung).
'3 Kurz zu erinnern ist an die Entscheidung in der Ehefrage (1225), die Entscheidungen bzgl.
Regensburgs (1227), Lorschs (vielleicht schon ab 1228), Freisings (1230) und erneut in der
Ehefrage (1232, siehe unten). Dagegen steht nur die Ernennung zum Reichsverweser (1226) -
scheinbar ein großer Gnadenerweis, der aber von Ludwig I. offenbar als „vergiftetes Geschenk"
erkannt und behandelt worden ist und vielleicht ohnehin eher eine Konzession des Kaisers an
Landgraf Ludwig IV., den Neffen des Kelheimers, war (siehe oben S. 177). Der Umstand, dass
Friedrich sich 1235 demonstrativ mit dem Sohn des Ermordeten verbündete (wobei auch hier
in den Quellen der Hinweis nicht fehlt, er habe erst den Mordverdacht gegen sich ausräumen
müssen, vgl. die Annans Scizc/Nnz'zczzscs, in: MGH SS XVII, S. 340, steht dem nicht entgegen,
denn dieses Bündnis war Folge eines grundlegenden „Renversement des alliances" (dazu Kap.
4.3).
13 Siehe dazu auch die Überlegungen unten in Kap. 5.3.
ii Völlig ausgereift begegnet uns dieser Gedankengang in den Annans S. Pnzzfn/cozzz's, in: MGH
SS rer. Germ. 18, S. 263 - für uns zugleich ein guter Beleg für die Verbreitung des „zzzzzzzzczzs
z'zzz'zzzz'cz's"-Denkschemas im 13. Jahrhundert: „Lzzzfouz'czzs zizz.Y Bzzwzzzi'e zz zpzo&zzz Szzz'Z'Hcz'zzo zzzzzzcz'o
Vcfzziz &Mozzüzzzz's z'zz zzzczfz'o szzorzzzzz csf occz'sMS. Nzzzzz z'&zzz Vcfzzizzs &Mozzüzzzz's z'zzzperzzfozi cozz^dfe-
zrzizzs zzzzzZüzs z'zzz'zzrz'HS, zyzzzzs z'dczzz dzzx z'zzzpcrafon' z'zzizzUzvzi, z'zzfczzdz'i rnzzzizccrc. Hoc zzzziezzz cozzsczczzizzz
zuzpenziorzs crcdz'izzr ycsfzzzzz esse, zyzzz'zz zuzpercfor z'pszzzzz dzzcczzz pzzzzio zzzzie dz^daueraf z'zz reäzzs ei z'zz
persozze, zzzz'sso ad fzoc zzzzzzcz'o specz'aiz." Die erwähnte Ächtung des Herzogs ist sonst nirgends
belegt.
13 Zur in der vorigen Anm. zitierten Kölner Quelle bemerkt WiNRELMANN, Ermordung, S. 52f.
treffend: „Da lag es nun nahe, dass sensationslüsterne Leute (...) jene beiden Tatsachen: des
Kaisers Freundschaft mit den Ismaeliten und seinen Groll gegen den Herzog, miteinander in
Verbindung brachten und zur Erklärung der sonst rätselhaften Ermordung ... verwendeten."
Weitere Argumente ebda., S. 59-63, von denen zwei Punkte besonders hervorzuheben sind.
1.) bestand 1231 kein besonderer Anlass - jedenfalls keiner, der uns erkennbar wäre -, um
Ludwig auszuschalten. Mit Blick auf die zwei Jahre zurückliegende Rebellion formuliert
Winkelmann: „... die Kaiser des Mittelalters hätten viel zu tun gehabt, wenn sie jeden re-
bellischen Fürsten hätten morden lassen wollen" (ebda., S. 60). 2.) erscheint es Winkelmarm
sehr fragwürdig, ob Friedrich um eines solch relativ geringen politischen Nutzens Willen
seine Glaubwürdigkeit als Partner der Fürsten aufs Spiel gesetzt hätte (erst recht, wenn er
wirklich einen Assassinen ausgesandt hätte, dessen Einsatz den Verdacht doch allemal auf
den Kaiser lenken musste). So plausibel, ja geradezu schlagend letzteres Argument erscheint,
ist es doch vor dem Hintergrund der Überlegungen von BROEKMANN, Rigor iustitiae mit
 
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