Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0304

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4.3. Der Bruch zwischen Vater und Sohn (1234/35)

303

4.3. Der Bruch zwischen Vater und
Sohn (1234/35) und seine Folgen

Mit dem Frankfurter Hoftag vom Februar 1234 begann die letzte Phase der Herrschaft
Heinrichs (VII ). Diese Versammlung, auf der die Reichsfürsten sich in großer Zahl um
ihren König scharten, muss den Eindruck einer völlig gefestigten Herrschaft erweckt
haben - eine strahlende Inszenierung königlicher Macht und Autorität.^' Die reichspoli-
tischen Rahmenbedingungen, unter denen Heinrich (VII.) damals agierte, waren in der
Tat, so schien es zumindest, selten günstig. Schauen wir uns dieses Netzwerkszenario
einmal näher an (Farbtafel 16).
1234 präsentiert sich das Fürstennetzwerk so konfliktarm wie nie zuvor, seine
dualistische Struktur, die 1231 /32 das Geschehen in gefährlicher Weise bestimmt hatte, ist
zerfallen. Besonders auffällig ist die AMsdiNmuty des Fürstennetzwerks - nur 36 Akteure
lassen sich 1234 stabilen Kerngruppen zuordnen (gegenüber 55 Akteuren 1233). Sie lässt
in einem breiten Mittelstreifen des Reiches (wo Köln, Thüringen und Böhmen aus ihren
alten Gruppenzusammenhängen herausfallen) ein regelrechtes Loch entstehen. Übrig
bleibt allein eine größere Kerngruppe im Norden, die sich, wie schon in den beiden
Jahren zuvor, um die Erzbischöfe von Bremen und Magdeburg sowie den Herzog von
Limburg schart (grün). Zahlenmäßig stark geschrumpft (von 17 auf 8 Akteure) ist der
Block um die rheinischen Erzbischöfe, die wichtigste politische Basis Heinrichs (VII.).
Dies begründet sich darin, weil der kölnische Klientelverband, der seit 1226 in den
Soziogrammen stets zu erkennen war (zumeist in blau), sich zeitweilig völlig auflöst.
Übrig bleiben allein Mainz, Trier und Würzburg (rot). Der dritte quantitativ bedeutende
„kollektive Akteur" von 1233, die österreich-meranische Gruppe (hellblau), schrumpft
noch stärker - von 12 auf 5 Beteiligte. Die mitteldeutschen Akteure, die seit 1228 zumeist
dieser Gruppe zugerechnet worden sind, verschwinden aus ihr. Hinzu kommen noch
zwei kleinere Kerngruppen - zum einen formiert sich eine welfische Gruppe (violett) neu,
zum anderen besteht im Südosten eine rudimentäre bayerische Gruppe fort (schwarz).
Was hat diese für das untersuchte Dezennium ab 1225 singuläre Ausdünnung und
Desintegration des „Fürstennetzwerkes" zu bedeuten? Ergibt sich hier vielleicht ein
Ansatz für die Beantwortung der bis heute weitgehend dunkel gebliebenen Frage nach
den Ursachen von Heinrichs (VII.) Erhebung und Sturz?^ Folgende Überlegungen
231 Vg], hierzu BF 4298-4314 (1.-18.2.1234). Hinsichtlich der Zahl der anwesenden Fürsten wird
dieser Hoftag nur noch vom Mainzer Hoftag Friedrichs II. 1235 leicht übertroffen, vgl. die Sta-
tistik oben S. 273 (Anm. 116). Teilnehmer ersten Ranges waren die drei rheinischen Erzbischöfe
sowie die von Bremen und Magdeburg, dazu die Herzoge von Bayern, Limburg, Lothringen,
Meranien, Sachsen und die Markgrafen von Brandenburg. Während die Forschung bis in
jüngere Zeit diesem Hof tag das Attribut der Erstrangigkeit verweigert, da er zum Bild des
„bedrängten Königs" (Vogtherr) nicht passt, hat ihn BROEKMANN, Rigor iustitiae, S. 284-289
im Rahmen seiner Neubewertung des heinricianischen „Aufstandes" als eine höchst „ansehn-
liche Fürstenversammlung" gewürdigt, in der Heinrich „in ganz traditioneller Manier den
Geschäften eines mittelalterlichen Königs" nachging.
232 Liber den Sturz Heinrichs (VII.) liegen mehrere ältere Arbeiten vor, unter denen insbes.
REINHOLD, Empörung sowie die ältere, aber sehr viel ausgewogenere Studie von RoHDEN,
Sturz Heinrichs (VII.) zu nennen sind. Die biographischen Darstellungen und Skizzen zu
Heinrich (VII.) von Franzei, Goez und Stürner bieten demgegenüber wenig Neues bzw. fallen
hinter Rohden zurück. Einen großen Qualitätssprung, sowohl methodisch als auch hinsichtlich
seiner Urteile, bietet erst die Arbeit von BoRCHARDT, Der Aufstand, doch auch dieser umreißt
 
Annotationen