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Regenbogen, Clemens; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das burgundische Erbe der Staufer (1180-1227): zwischen Akzeptanz und Konflikt — Mittelalter-Forschungen, Band 61: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.58976#0079
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78

III. Akteure

In gleicher Weise der Öffentlichkeit ausgesetzt war auch der „relationale
Wert"357 des honor, dessen politisch-soziale Bedeutung namentlich für das
hochmittelalterliche Reich durch die Forschungen Knut Görichs auf gewiesen
wurde.358 Die Ehre eines adligen Individuums oder eines Kollektivs, beispiels-
weise der honor imperii, war als sozialer Ordnungsfaktor und handlungsleitendes
Motiv eng mit dem Rang verknüpft.359 Beide galt es nach außen zu demon-
strieren und zur Anerkennung zu bringen.
Auf die mittelalterliche Gesellschaft des Reiches bezogen symbolisierte sich
im Rangsystem der politisch-sozialen Führungsschichten in Zeiten nichtexis-
tenter schriftlicher Verfassungen der herrschaftlich-hierarchische Aufbau des
Gemeinwesens. In der Rangordnung bildete sich die jeweils aktuelle Verfas-
sungswirklichkeit des Reiches ab - Rang und politische Macht waren hier aufs
engste miteinander verknüpft. Während Rangunterschiede zwischen einem
Erzbischof und einem Bischof beziehungsweise zwischen einem Herzog und
einem Grafen manifest waren, konnte hingegen die Ordnung der auf derselben
Rangstufe stehenden Würdenträger mangels schriftlicher Fixierung problema-
tisch werden, ja, bei Begegnungen zu gewaltsamen Konflikten um die Rang-
ordnung und damit um die Ehre der Beteiligten ausarten.360
Dieser Rangwettbewerb unter den Fürsten, in dem „jeder ,adeliger' als der
andere sein wollte",361 zwang diese geradezu, Strategien zu entwickeln, ihren
Status ostentativ nach außen hin zu zeigen und damit ihrer Mitwelt zu kom-
munizieren. Der soziale Alltag hielt folglich eine Fülle an Rangkennzeichen und
-Symbolen parat, wie etwa Titel, Ämter, den Sitzplatz bei öffentlichen Anlässen,
Kleidung, spezifische Anreden et cetera, die wertvolle Anhaltspunkte für eine
eingehendere Untersuchung des Ranges von derart hochgestellten Personen
liefern. Methodisch ist hierbei immer zu beachten, dass der Rang eines Einzelnen

357 Görich, Die Ehre Friedrich Barbarossas, S. 10.
358 Vgl. in Auswahl ebd.; Ders.: Wahrung des honor. Ein Grundsatz im politischen Handeln König
Konrads III., in: Hubertus SEiBERT/Jürgen Dendorfer (Hrsg.): Grafen, Herzöge, Könige. Der
Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152) (Mittelalter-Forschungen 18), Ostfildern
2005, S. 267-297; Ders.: Die „Ehre des Reichs" (honor imperii). Überlegungen zu einem For-
schungsproblem, in: Johannes LAUDAGE/Yvonne Leiverkus (Hrsg.): Rittertum und höfische Kultur
der Stauferzeit (Europäische Geschichtsdarstellungen 12), Köln/Weimar/Wien 2006, S. 36-74;
Ders.: Ehre als Ordnungsfaktor. Anerkennung und Stabilisierung von Herrschaft unter Friedrich
Barbarossa und Friedrich II., in: Bernd ScHNEiDMüLLER/Stefan Weinfurter (Hrsg.): Ordnungskon-
figurationen im hohen Mittelalter (VuF LXIV), Ostfildern 2006, S. 59-92; Ders.: Ehre als Hand-
lungsmotiv in Herrschaftspraxis und Urkunden Philipps von Schwaben, in: Andrea Rzihacek/
Renate Spreitzer (Hrsg.): Philipp von Schwaben. Beiträge der internationalen Konferenz an-
lässlich seines 800. Todestages, Wien, 29. bis 30. Mai 2008 (Österreichische Akademie der Wis-
senschaften Philosophisch-historische Klasse; Denkschriften 399/Forschungen zur Geschichte
des Mittelalters 19), Wien 2010, S. 129-150.
359 Dazu Ders., Die Ehre Friedrich Barbarossas, S. 10: „Insoweit politische Konflikte häufig Rang-
konflikte waren und die Behauptung des eigenen Rangs in der Öffentlichkeit eine Frage der Ehre
war, war ehrverpflichtes Handeln gegenüber vermeintlich wichtigeren, realpolitischen Inter-
essen keineswegs so bedeutungslos wie es der modernen Historiographie lange Zeit schien."
360 Vgl. Spiess, Rangdenken und Rangstreit, S. 42-45 und 58.
361 Vgl. ebd., S. 59.
 
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