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Regenbogen, Clemens; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das burgundische Erbe der Staufer (1180-1227): zwischen Akzeptanz und Konflikt — Mittelalter-Forschungen, Band 61: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.58976#0454
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VI. Schlussbetrachtung
Gegenstand dieser Studie war eine Untersuchung des burgundischen Erbes der
Staufer im Zeitraum von 1180 bis 1227 vor dem Hintergrund eines allgemein
konstatierten Wandels im politisch-sozialen Ordnungsgefüge und in der politi-
schen Kultur des Stauferreiches um 1200. Um so grundlegende gesellschaftliche
Strukturelemente wie Rang und Herrschaft waren damals Dynamiken entstan-
den - wie sehr dies gravierende Konflikte provozieren konnte, davon zeugt die
Geschichte der Grafschaft Burgund jener Zeit in seltener Deutlichkeit.
Ausgehend von einer breit angelegten, länderübergreifenden Archivre-
cherche, die noch unbeachtetes Quellenmaterial erschließen konnte, wurde in
dieser Arbeit der Fragestellung nachgegangen, wie es die Staufer und ihr an-
dechs-meranischer Nachfolger in Burgund vermochten, einen Anspruch auf
politische Überordnung zu artikulieren, durchzusetzen und diesem zur Ak-
zeptanz zu verhelfen. Das Thema wurde methodisch über drei Zugriffe er-
schlossen: So wurden erstens die Träger des Anspruchs auf Überordnung in
Hinblick auf ihren Rang, zweitens deren Macht im Spiegel ihrer Anerkennung,
sodann deren konkrete Herrschaftspraxis und schließlich drittens die politische
Aushandlung ihres Anspruchs untersucht. Für die Arbeit wurde ein spezifischer
Ansatz gewählt, bei dem die in der Forschung häufig undifferenziert verwen-
deten Begriffe ,Macht' und ,Herrschaft' gegeneinander abgegrenzt wurden.
,Macht' wurde hierbei wissenssoziologisch als Zuschreibung der Mitmenschen
an eine Person verstanden. Damit sie Wirksamkeit entfalten kann, bedarf die
Macht einer Person indessen der Akzeptanz durch ihre soziale Umwelt - gleiches
gilt für deren Rang. ,Herrschaft' kennzeichnete demgegenüber fest gefügtem
Prozesse politisch-sozialer Interaktion, die auf stabilen Über- und Unterord-
nungsverhältnissen beruhen. Im Falle der Arbeit wurden mit,Herrschaft' vor-
nehmlich mittelalterliche Verfügungs- und Gerichtsrechte über Personen be-
schrieben. Die Trennung der Konzepte ermöglichte es, die für den Untersu-
chungsgegenstand relevanten Anerkennungsrelationen sowie die Gegenseitig-
keit der sozialen Interaktion der handelnden Personen, namentlich Macht- be-
ziehungsweise Rangansprüche und deren Widerhall in der Öffentlichkeit
greifbarer als bisher hervortreten zu lassen. Im Folgenden gilt es, die wesentli-
chen Befunde, Beobachtungen und Resultate der Arbeit nochmals darzulegen.
Im ersten Hauptteil konnten unter der Prämisse individueller Rangunter-
suchungen neue Perspektiven auf die drei Hauptprotagonisten des Anspruchs
auf politische Überordnung, Pfalz graf Otto I. von Burgund, seine Gattin und
Witwe Margarethe von Blois und ihren andechs-meranischen Schwiegersohn
Pfalzgraf Otto II. von Burgund, geworfen werden.
Losgelöst von den zahlreichen negativen Beurteilungen, die seine Person
erfuhr, wurde zunächst versucht, die politisch-soziale Stellung Ottos I. anhand
diverser Indikatoren zu erfassen. Schon durch seine familiäre Position als vierter
Kaisersohn Friedrichs I. Barbarossa und Beatrix' von Burgund, der keine Aus-
sichten auf die unmittelbare Thronfolge besaß, stellte sich im Falle Ottos von
 
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