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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 6.1907

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Nr. 2
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Bunney, Michael: Edgar Wood
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https://doi.org/10.11588/diglit.23633#0082
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Edgar Wood

Bauten mehr durch die angemessene Verwendung
des Materials als durch den Plan an sich und einen
von vornherein erstrebten Effekt zum Ausdruck
kommt. Hierher gehört die ungezwungene Tren-
nung der von ihm in Lancashire und Yorkshire
errichteten Gebäude in zwei durch die lokale Be-
handlung sich unterscheidende Gruppen. Die Mis-
sionskirche in Marland, das Gasthaus „St. Georg
mit dem Drachen“ und Herrn Brierlys Haus sind
so zweifellos im Geist der überlieferten Bauweise
von Lancashire gehalten, als das Torhaus in Lind-
ley und die Häuser in Huddersfield nach Yorkshire
gehören, ohne doch den Stempel von Woods Per-
sönlichkeit zu vermissen. Es haftet ihnen der
ortsübliche Charakter an, ohne dass dadurch die
Erfindungskraft oder die Originalität irgendwie zu
kurz gekommen wären. V
V Lancashire ist nichts weniger als eine lachende
Gegend; Rauch und Russ herrschen rings um
Manchester, und weiter draussen ist die Landschaft
rauh und wenig einladend. Es empfiehlt sich da-
her doppelt, so zu bauen, dass die Einwirkung
dieser Umgebung auf das Material sich in der Folge
eher förderlich als schädlich erweist, und nur wer
gesehen hat, wie unzulänglich andere Bauweisen
sind, die man in nicht geringer Zahl verwendet
findet, vermag die Bedeutung dieses Gesichts-
punktes zu ermessen. Von dem Gebäude der Man-
chester & Salford-Bank und einigen Teilen der wes-
leyanischen Kapelle abgesehen, die aus Stein sind,
hat Wood klugerweise den rauhen, unansehnlichen,
dort gebrannten Backstein benutzt, dessen einzige
gute Seite ein gewisses robustes Gefüge ist. Sein
Aussehen verbessert sich bei der Verwitterung eher
als dass es sich verschlechtert. An Herrn Brierlys
Hause, wo die Backsteinwände zur oberen Hälfte ge-
tüncht sind, ist die Verwendung eines ausgesprochen
lokalen Backsteinmusters von guter Wirkung, was
im Verein mit den Backsteingewänden der Fenster
und den grauen Dachplatten das durchaus moderne
Haus in völliger Harmonie mit seiner Umgebung
erscheinen lässt. Dicht bei diesem Hause finden
wir die kleine Marlander Missionskirche, die in
bezug auf Behandlung derselben Gruppe angehört
und die, in der Wirkung ausser allem Verhältnis
zu den geringen Kosten und den einfachen Mitteln,
unser bauliches Interesse erregt. Bei St. Georg
mit dem Drachen, einer Gastwirtschaft weiter nach
Manchester zu, ist Wood wieder der Ueberlieferung
gefolgt und zwar nicht nur beim Bau selbst, sondern
auch in der Art, wie er diesen in Beziehung zur
Landstrasse gebracht hat. So finden wir unter
anderm zwischen dem Fussweg und dem Wirtshaus
einen freien Raum, wo Fuhrwerke halten können,

ohne den Strassenverkehr zu behindern; eine An-
lage, die regelmässig gemacht wurde, als die Gast-
häuser noch tatsächlich Herbergen und nicht bloss
Schenken waren. Dieser Platz wird von einem
Balken mit dem Wirtshausschilde überragt. V
V In Middleton liegt Woods eigenes Haus, ein be-
sonders reizvolles Beispiel seiner früheren Bau-
weise. Hier wie bei einem Landhause gegenüber
wendet er noch Verputz an, ein Material, bei dem
die Auffrischung geringe Kosten verursacht und
das hier dazu dient, einer im übrigen trübseligen
Vorstadtgegend einen heiteren Anstrich zu geben.
Ein Blick auf den Plan zeigt, dass Wood aus einem
etwas beschränkten Gartenraum das Menschenmög-
liche gemacht hat. Innen finden sich manche glück-
liche Lösungen, besonders im Haus- und Treppen-
flur, wo die Wände auf weissem Grunde ein Muster
von spriessendem Laube zeigen, das schon weit
offen und ziemlich langgestielt ist. Auch die Be-
handlung des Speisezimmers verrät eine glückliche
Hand; alles ist bemalt: die Wände zeigen ein
stumpfes Blaugrün, der Fries ein fortlaufendes
dekoratives Motiv, das im ganzen den Eindruck
eines graublauen und graugrünen Gobelins macht,
die Decke ist weiss mit grünen Flecken und hat
in der Mitte einen grossen flachen vergoldeten
Knopf, aus dem die elektrischen Lichter herab-
hängen. Auch auf dem breiten Getäfel und auf
den Bilderrahmen tritt die Vergoldung stark hervor
und bringt einen reichen und weichen Ton in das
Bild. Der Wert dekorativer Goldflächen, mit dem
die alten Mosaikkünstler so wohl vertraut waren,
wurde verkannt, so lange die Vergoldung keinem
andern Zwecke diente, als zu prunken. Die Eigen-
art Woods im Ausbau des Inneren zeigt sich treff-
lich in unseren farbigen Beilagen. V
V Weitere bedeutende Werke unseres Meisters
finden sich in Middleton. Ausser einigen Gebäuden,
die Handelszwecken dienen, sind dies die neue wes-
leyanische Kapelle und die Schulhäuser. Wie wir aus
dem Plane ersehen, umschliessen die Kapelle und die
Schulen auf drei Seiten einen Hofraum, eine archi-
tektonische Anlage einfachster Form. Auf der
Strassenseite läuft eine Schutzmauer mit einem
kühn geschwungenen offenen Portal, wodurch der
Hofraum, ohne dass der Zutritt verwehrt wäre,
doch das Gefühl des Abgeschlossenen hervorruft.
Die Kapelle ist aus rotem Sandstein und Ziegeln
erbaut und mit Steinplatten gedeckt. — Herbe Ein-
fachheit beherrscht das Innere. Mit seinen wohl
abgewogenen Verhältnissen macht der Bau einen
ehrwürdigen und doch anmutenden Eindruck. Die
einfach getünchten Schulgebäude mit ihren breiten
Fenstern und strengen Umrissen erinnern an die
 
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