Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 6.1907

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Unsere Bilder
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.23633#0134
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
88

UNSERE BILDER

V Im Frühling vorigen Jahres ist an der Ecke der
Bohnenstrasse und des grossen Burstah in Hamburg
ein Geschäftshaus dem Betrieb übergeben worden,
dessen hanseatisches Gesicht geradezu verblüfft,
inmitten der Gleichgültigkeiten und Stilpfuschereien,
wie sie das Brandunglück vom Mai des Jahres 1842
an Stelle des alten Hamburg stellte. Man hat das
Gefühl, als ob die Architekten (Frejtag & Wurz-
bach - Hamburg) mit diesem Gebäude das Grund-
legende zu einer lokalen Bauweise gefunden haben,
wie man sie sich nicht nur an den Flethen Ham-
burgs, sondern in allen deutschen Seestädten denken
mag. Zu diesem Erfolg tragen ebenso die zweck-
mässige Pfeilerkonstruktion und die materialgerechte
Backsteinarchitektur (gres flammes) als wie die un-
genierte Farbengebung bei, die in ihren naiven
Tönen an die Bemalung unterelbischer Fischerewer
erinnert. Auch die Grundrisslösung ist dem Zwecke
des Hauses mit grösster Sorgfalt angepasst: nur das
Erdgeschoss enthält Verkaufsräume, der Zwischen-
stock und die vier Obergeschosse sind für Muster-
lager und Kontore eingerichtet und, weil ohne feste
Teilung, für jeden Mieter nach seinen Anforderungen
durch nichttragende Wände einteilbar. Dazu kommen
zu jedem Geschoss entsprechende Aktenräume im
Dachstock, sowie eine kleine Wohnung für den
Hauswart im vierten Stock. Durch ein Marmor-

vestibül gelangt man entweder auf der Marmor-
treppe, dem elektrischen Lift oder einem Paternoster-
Fahrstuhl in die Stockwerke. Ausserdem ist das
Gebäude mit Zentralheizung, Wasser-, Gas- und
elektrischer Lichtleitung versehen und einem Waren-
aufzug, der bis in den Dachstock führt. Der Hof
liegt an einem Kanal. Trägt der Hamburger Bau
den Charakter ernster Arbeit, so bürgt die Gebäude-
gruppe in dem bayerischen Städtchen Landsberg am
Lech für behagliches Wohnen. Die Architekten
Hessemer & Schmidt - München erhielten seinerzeit
den Bauauftrag auf Grund eines Preisausschreibens
des Münchener Architekten- und Ingenieurvereins,
aus dem sie mit dem ersten Preis als Sieger hervor-
gingen. Sie haben es verstanden, den malerischen
Charakter des altertümlichen Städtchens zu treffen.
Die Häusergruppe besteht aus drei Gebäuden, von
denen wir die beiden zusammengebauten abbilden;
das dritte Haus ist rechts auf unserem Bilde noch
etwas sichtbar. Hinter den Häusern liegt ein ansehn-
licher Garten, von einem Bach durchschnitten. Die
Fassaden der Häuser sind in Kalkmörtel verputzt und
haben hie und da ein wenig Haustein erhalten. Zur
Belebung der weissen Putzflächen dienen neben ein
paar Glasmosaikbildern die graublauen Fensterläden,
deren Tönung schön zu dem Rot des Daches steht ; das
Fensterholz istweissgestrichen. Baukosten: 200000M.


Hessemer & Schmidt
Grundriss der Wohnhaus-
gruppe in Landsberg a/L.

Verantwortlicher Herausgeber: M. J. GRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.
Verlag: JULIUS HOFFMANN-Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
 
Annotationen