sie empor. Von einfachem Kopieren kann nicht die Rede sein; aber lebendige
Reminiszenzen liegen unzweifelhaft vor und stellen dem Maler in Spanien das
Zeugnis aus, daß er den Fortschritten eifrig gefolgt war, solange er in Toskana
verweilte.
Das bestätigt sich auch sonst, wenn wir der Bilderfolge nachgehen. Die aus-
führliche Erzählung führt uns auch am Anfang der zweiten Reihe vor einen un-
gewohnten Auftritt. Am Tische des befreundeten Hauses, in Gegenwart des Lazarus
etwa und seiner Schwester Marta, ist der Herr eingeschlafen und lehnt mit dem
Kopf auf dem Arm vornübergeneigt. Da kommt von rechts Magdalena und berührt
kniend den Scheitel des Meisters, ohne Zweifel um ihn aufzuwecken. Die Auf-
erweckung des Lazarus ist als Schlußbild der untern Reihe vorangegangen; der
Einzug in Jerusalem folgt und damit der Beginn der Passion. Von links her, an
einem gelben Hügel vorbei, sehen wir Jesus auf der Eselin daherreiten, mit dem
kleinen Fohlen zur Seite. Durch einen Hohlweg drängt sich die Menge ihm ent-
gegen, während auf den Höhen die Knaben Zweige schwenken, von dem einzigen
Baum, der da vorhanden ist. Das runde Bogenfeld ist mit der Stadtansicht gefüllt,
wieder an sienesische Darstellungen dieses sonderbaren Einzugs gemahnend. Un-
verkennbar spanisch ist dagegen der Innenraum, in dem das Abendmahl stattfindet:
ein gewölbter Saal mit spätgotischen tiefherabhängenden Schlußsteinen, aber fast
romanischer Wandgliederung und einer schmalen Eingangstür mit rundbogigem
Tympanon. Um den runden Tisch stehen Bänke bis an die freigelassene Mitte
vorn. Christus erhebt sich gerade und reicht einen Bissen an Petrus vorbei zu
Judas Ischarioth nach links hinüber. Dieser greift obendrein noch in die Schüssel,
während Johannes beide Elnbogen auf die Tischplatte stützt. In einem andern
flachgedeckten, aber ebenso spanischen Raum geht die Fußwaschung vor sich:
eine vorkragende Galerie läuft ringsum, und auf dem perspektivisch genau ent-
wickelten Schauplatz wird die umständliche Prozedur mit allem Aufwand von Details
geschildert, als handle es sich um Pilger, oder als habe der Maler die alljährlich
wiederkehrende Zeremonie dabei zum Vorbild genommen. Auf dem Ölberg sehen
wir eine doppelte Szene; vorn ermahnt Jesus die schläfrigen Jünger zu wachen,
und darüber kniet er im Gebet, wie der Engel ihm den Kelch darreicht. Das ist
nicht weit von dem Tafelbilde des Lorenzo Monaco in den Uffizien, und doch eine
völlig andre Gestaltenbildung und Raumdarstellung. Drastisch wird bei der Gefangen-
nahme der Knecht Malchus zu Boden geworfen, wo Petrus ihm das Ohr abhackt,
und erhebt seine Beine im Fall noch etwas ungeschickt und steif; dafür aber greift
er dem Apostel in den Bart. Christus ist durch den andringenden Judas in An-
spruch genommen. Dann aber sehen wir sogleich vor dem Hohepriester die Stäupung
vollzogen unter dem Laubendach einer Gerichtshalle, das von drei schlanken Säulen
getragen wird. An der mittlern ist der Dulder angebunden, zwei Knechte geißeln
ihn, während ein dritter vor ihm am Boden hockt und grinsend zuschaut. Die
Anordnung des Tribunals aber interessiert uns im Augenblick mehr; denn ganz
ähnlich wie auf Masaccios Erweckung des Knaben durch Petrus sitzt hier der
Richter in einer Wandnische auf erhöhtem Stuhl, vorn auf der Bank zwei Beisitzer,
oder Gerichtsschreiber und Büttel. Das ganze Bild ist außerordentlich hell gehalten
und läßt die Sorgfalt erkennen, mit der die Frührenaissance-Architektur zur An-
schauung gebracht wird; wenn die Proportionen auch noch etwas schlank ausfallen,
wie bei Ghiberti noch an seiner zweiten Tür, so ist doch die Kenntnis der Werke
Brunelleschis deutlich wahrzunehmen. Für den Anschluß an Masaccio zeugt sogar
die Kreuztragung durch die außerordentlich kraftvoll gebildete Gestalt des Herrn
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Reminiszenzen liegen unzweifelhaft vor und stellen dem Maler in Spanien das
Zeugnis aus, daß er den Fortschritten eifrig gefolgt war, solange er in Toskana
verweilte.
Das bestätigt sich auch sonst, wenn wir der Bilderfolge nachgehen. Die aus-
führliche Erzählung führt uns auch am Anfang der zweiten Reihe vor einen un-
gewohnten Auftritt. Am Tische des befreundeten Hauses, in Gegenwart des Lazarus
etwa und seiner Schwester Marta, ist der Herr eingeschlafen und lehnt mit dem
Kopf auf dem Arm vornübergeneigt. Da kommt von rechts Magdalena und berührt
kniend den Scheitel des Meisters, ohne Zweifel um ihn aufzuwecken. Die Auf-
erweckung des Lazarus ist als Schlußbild der untern Reihe vorangegangen; der
Einzug in Jerusalem folgt und damit der Beginn der Passion. Von links her, an
einem gelben Hügel vorbei, sehen wir Jesus auf der Eselin daherreiten, mit dem
kleinen Fohlen zur Seite. Durch einen Hohlweg drängt sich die Menge ihm ent-
gegen, während auf den Höhen die Knaben Zweige schwenken, von dem einzigen
Baum, der da vorhanden ist. Das runde Bogenfeld ist mit der Stadtansicht gefüllt,
wieder an sienesische Darstellungen dieses sonderbaren Einzugs gemahnend. Un-
verkennbar spanisch ist dagegen der Innenraum, in dem das Abendmahl stattfindet:
ein gewölbter Saal mit spätgotischen tiefherabhängenden Schlußsteinen, aber fast
romanischer Wandgliederung und einer schmalen Eingangstür mit rundbogigem
Tympanon. Um den runden Tisch stehen Bänke bis an die freigelassene Mitte
vorn. Christus erhebt sich gerade und reicht einen Bissen an Petrus vorbei zu
Judas Ischarioth nach links hinüber. Dieser greift obendrein noch in die Schüssel,
während Johannes beide Elnbogen auf die Tischplatte stützt. In einem andern
flachgedeckten, aber ebenso spanischen Raum geht die Fußwaschung vor sich:
eine vorkragende Galerie läuft ringsum, und auf dem perspektivisch genau ent-
wickelten Schauplatz wird die umständliche Prozedur mit allem Aufwand von Details
geschildert, als handle es sich um Pilger, oder als habe der Maler die alljährlich
wiederkehrende Zeremonie dabei zum Vorbild genommen. Auf dem Ölberg sehen
wir eine doppelte Szene; vorn ermahnt Jesus die schläfrigen Jünger zu wachen,
und darüber kniet er im Gebet, wie der Engel ihm den Kelch darreicht. Das ist
nicht weit von dem Tafelbilde des Lorenzo Monaco in den Uffizien, und doch eine
völlig andre Gestaltenbildung und Raumdarstellung. Drastisch wird bei der Gefangen-
nahme der Knecht Malchus zu Boden geworfen, wo Petrus ihm das Ohr abhackt,
und erhebt seine Beine im Fall noch etwas ungeschickt und steif; dafür aber greift
er dem Apostel in den Bart. Christus ist durch den andringenden Judas in An-
spruch genommen. Dann aber sehen wir sogleich vor dem Hohepriester die Stäupung
vollzogen unter dem Laubendach einer Gerichtshalle, das von drei schlanken Säulen
getragen wird. An der mittlern ist der Dulder angebunden, zwei Knechte geißeln
ihn, während ein dritter vor ihm am Boden hockt und grinsend zuschaut. Die
Anordnung des Tribunals aber interessiert uns im Augenblick mehr; denn ganz
ähnlich wie auf Masaccios Erweckung des Knaben durch Petrus sitzt hier der
Richter in einer Wandnische auf erhöhtem Stuhl, vorn auf der Bank zwei Beisitzer,
oder Gerichtsschreiber und Büttel. Das ganze Bild ist außerordentlich hell gehalten
und läßt die Sorgfalt erkennen, mit der die Frührenaissance-Architektur zur An-
schauung gebracht wird; wenn die Proportionen auch noch etwas schlank ausfallen,
wie bei Ghiberti noch an seiner zweiten Tür, so ist doch die Kenntnis der Werke
Brunelleschis deutlich wahrzunehmen. Für den Anschluß an Masaccio zeugt sogar
die Kreuztragung durch die außerordentlich kraftvoll gebildete Gestalt des Herrn
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