„Riposo" einen Kopf des Johannes Bapt. erwähnt1), nachdem er unmittelbar vorher
den „Engel", und zwar mit Vasaris Worten, beschrieben hat, wäre keine Wider-
legung, weil der Autor letzteres Bild offenbar nicht gesehen hat, also die Identität
beider Darstellungen nicht erkennen brauchte.
Dennoch ist es falsch, anzunehmen, der S. Giovanni des Billi wie des Anonimo
und der Engel des Vasari seien zwei verschiedene Namen für dasselbe Bild, und
Vasari habe einen S. Giovanni als Angelo in der Erinnerung behalten, etwa irre-
geführt durch die engelhafte Auffassung des Täufers und nach Künstlerart so sehr
gefesselt durch die malerische Ausführung des Bildes, daß er dabei vergaß, sich
über den Gegenstand der Darstellung klar zu werden. Nicht als ob ein solcher
Irrtum durch die Ausführlichkeit der Beschreibung absolut ausgeschlossen sei! Aber
zwei von Müller-Walde schon 1898 veröffentlichte Handzeichnungen beweisen, daß
Leonardo tatsächlich den von Vasari geschilderten Engel entworfen hat2).
Auf einem Studienblatt in Windsor (Berenson, Drawings Nr. 1227; das ganze Blatt
aus Rouveyre, L. d. V., Anatomie du Cheval II f. 505 nachgebildet in Abb. 3), erblicken
wir zwischen Studien zur Anghiarischlacht und zum Denkmal des Trivulzio die fast
kindlich - ungeschickte Kreidezeichnung nach einem geflügelten Engel, genau in
der Haltung der Johanneskopie bei Mr. Waters. Nur verdeckt das gazeartige Kleid
die Brust erheblich mehr, als es bei jenem das Tierfell tut, und außerdem ragt
noch über der linken Schulter ein Flügel bis zur Höhe der Stirn empor. Müller-
Walde hat sich bei der Datierung dieses Blattes einseitig auf die Figürchen zur
Anghiarischlacht (Reiter, Pferde und Kämpfer) gestützt. Er meint dazu, Leonardo
könne nach dem Jahre 1505 keine „nachträglichen" Skizzen mehr zu dem Schlachten-
bild entworfen haben, und daher müsse die Schülerzeichnung des Engels, die der
Meister auffälligerweise bei seinen Entwürfen geschont habe, indem er die letzteren
ringsum plazierte, kurz vorher, etwa 1504, entstanden sein. Somit sei eine Kom-
position Leonardos, die mit dem Johannesbilde bei Mr. Waters übereinstimme,
durch diese Nachzeichnung eines Schülers mindestens um 1504 als vorhanden be-
zeugt (Jahrb. XVIII, 233, 246).
Nun stand aber der Künstler im Jahre 1506 und im Anfang des Jahres 1507
noch im Dienste der Signoria, wie aus den wiederholten Urlaubsgesuchen und den
Antworten des Gonfaloniere hervorgeht. Aus dem Briefe Soderinis vom 9. Oktober
1506 liest man unzweideutig heraus, daß man noch auf die Beendigung des
Schlachtenbildes rechnete, zu dem der Maler nur „einen kleinen Anfang gemacht
habe". Erst nachdem Leonardo am 12. Mai 1507 den Rest seines Guthabens bei
S. M. Nuova, 150 Goldgulden, d. h. die am 30. Mai 1506 für die Überschreitung des
Urlaubes und das Verlassen der Arbeit festgesetzte Bußsumme, auf das Konto der
Stadt hatte übertragen lassen (Seidlitz II. 106), und er dann bald darauf in den
Dienst des französischen Königs getreten war, der ihn schon am 26. Juli 1507 als
seinen Hofmaler und Ingenieur bezeichnet, dürfen wir die Herstellung von Skizzen
für die Anghiarischlacht als abgeschlossen ansehen.
Hindern uns nun die Studien für das Schlachtenbild nicht, das Skizzenblatt in
den Anfang des Jahres 1507 zu verlegen, so nötigen uns die von Müller-Walde
bei der Datierung außer acht gelassenen Skizzen zum Trivulziodenkmal dazu,
Ende Mai des Jahres 1507 als früheste Entstehungszeit der letztgenannten Zeich-
(1) ,,Un quadretto bellissimo, in cui e la testa die San Giovambatista, ha Cammillo degli Albizi, gen-
tiluomo del Gran Duca, il quale come cosa rara il tiene carissimo" lautet die noch der neueren Lite-
ratur über den Johannes B. einzufügende Stelle (S. 302 der besten Ausgabe von 1730).
(2) Jahrb. der Pr. Kunstsammlungen XVIII, Beitr. II.
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den „Engel", und zwar mit Vasaris Worten, beschrieben hat, wäre keine Wider-
legung, weil der Autor letzteres Bild offenbar nicht gesehen hat, also die Identität
beider Darstellungen nicht erkennen brauchte.
Dennoch ist es falsch, anzunehmen, der S. Giovanni des Billi wie des Anonimo
und der Engel des Vasari seien zwei verschiedene Namen für dasselbe Bild, und
Vasari habe einen S. Giovanni als Angelo in der Erinnerung behalten, etwa irre-
geführt durch die engelhafte Auffassung des Täufers und nach Künstlerart so sehr
gefesselt durch die malerische Ausführung des Bildes, daß er dabei vergaß, sich
über den Gegenstand der Darstellung klar zu werden. Nicht als ob ein solcher
Irrtum durch die Ausführlichkeit der Beschreibung absolut ausgeschlossen sei! Aber
zwei von Müller-Walde schon 1898 veröffentlichte Handzeichnungen beweisen, daß
Leonardo tatsächlich den von Vasari geschilderten Engel entworfen hat2).
Auf einem Studienblatt in Windsor (Berenson, Drawings Nr. 1227; das ganze Blatt
aus Rouveyre, L. d. V., Anatomie du Cheval II f. 505 nachgebildet in Abb. 3), erblicken
wir zwischen Studien zur Anghiarischlacht und zum Denkmal des Trivulzio die fast
kindlich - ungeschickte Kreidezeichnung nach einem geflügelten Engel, genau in
der Haltung der Johanneskopie bei Mr. Waters. Nur verdeckt das gazeartige Kleid
die Brust erheblich mehr, als es bei jenem das Tierfell tut, und außerdem ragt
noch über der linken Schulter ein Flügel bis zur Höhe der Stirn empor. Müller-
Walde hat sich bei der Datierung dieses Blattes einseitig auf die Figürchen zur
Anghiarischlacht (Reiter, Pferde und Kämpfer) gestützt. Er meint dazu, Leonardo
könne nach dem Jahre 1505 keine „nachträglichen" Skizzen mehr zu dem Schlachten-
bild entworfen haben, und daher müsse die Schülerzeichnung des Engels, die der
Meister auffälligerweise bei seinen Entwürfen geschont habe, indem er die letzteren
ringsum plazierte, kurz vorher, etwa 1504, entstanden sein. Somit sei eine Kom-
position Leonardos, die mit dem Johannesbilde bei Mr. Waters übereinstimme,
durch diese Nachzeichnung eines Schülers mindestens um 1504 als vorhanden be-
zeugt (Jahrb. XVIII, 233, 246).
Nun stand aber der Künstler im Jahre 1506 und im Anfang des Jahres 1507
noch im Dienste der Signoria, wie aus den wiederholten Urlaubsgesuchen und den
Antworten des Gonfaloniere hervorgeht. Aus dem Briefe Soderinis vom 9. Oktober
1506 liest man unzweideutig heraus, daß man noch auf die Beendigung des
Schlachtenbildes rechnete, zu dem der Maler nur „einen kleinen Anfang gemacht
habe". Erst nachdem Leonardo am 12. Mai 1507 den Rest seines Guthabens bei
S. M. Nuova, 150 Goldgulden, d. h. die am 30. Mai 1506 für die Überschreitung des
Urlaubes und das Verlassen der Arbeit festgesetzte Bußsumme, auf das Konto der
Stadt hatte übertragen lassen (Seidlitz II. 106), und er dann bald darauf in den
Dienst des französischen Königs getreten war, der ihn schon am 26. Juli 1507 als
seinen Hofmaler und Ingenieur bezeichnet, dürfen wir die Herstellung von Skizzen
für die Anghiarischlacht als abgeschlossen ansehen.
Hindern uns nun die Studien für das Schlachtenbild nicht, das Skizzenblatt in
den Anfang des Jahres 1507 zu verlegen, so nötigen uns die von Müller-Walde
bei der Datierung außer acht gelassenen Skizzen zum Trivulziodenkmal dazu,
Ende Mai des Jahres 1507 als früheste Entstehungszeit der letztgenannten Zeich-
(1) ,,Un quadretto bellissimo, in cui e la testa die San Giovambatista, ha Cammillo degli Albizi, gen-
tiluomo del Gran Duca, il quale come cosa rara il tiene carissimo" lautet die noch der neueren Lite-
ratur über den Johannes B. einzufügende Stelle (S. 302 der besten Ausgabe von 1730).
(2) Jahrb. der Pr. Kunstsammlungen XVIII, Beitr. II.
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