Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 71 —

Hand an der Brust, rechte auf dem Unterleib findet, erkennt
Schmidt in fast allen Idolen die große Naturgöttin, der wir
tatsächlich alsbald in den Goldblechen der Schachtgräber be-
gegnen werden; nur die Figürchen mit erhobenen Armen hält
Schmidt für Adorantinnen. Doch der ersterwähnte Gestus
kommt auch in archaischer Zeit au Gewandfiguren vor.1)
Keinen Zweifel allerdings scheint Schmidt ein Exemplar in
Berlin2) mit deutlicher Angabe der vulva zu erlauben. Aber Tf. V,4.
an diesem fehlen ja gerade die dichten parallelen Faltenlinien,
die so deutlich bezeichnen, wie das Gewand blusenartig den
Oberkörper umschließt, um die Hüften gegürtet wird und am
Unterkörper enger anliegend herabfällt. Auf dem Berliner
Exemplar sind nur die beiden nackten Brüste angegeben.

Abweichungen von diesen beiden Trachten, und zwar
gymnastische Entblößung, stellt das Fresko mit den weiblichen
Stierkämpfern aus Knossos8) dar, die zwecks ungehinderter
Bewegung das Männerkostüm, Schurz und Gürtel tragen.
Einen weiblichen Toreador haben wir wahrscheinlich auch in
dem Fresko aus Tiryns zu erkennen.4) Was ihren Stand
anbetrifft, gehören diese Frauen vielleicht zu den Gauklern,
d. h. zu den unteren Klassen.

Die einzigen, sicher völlig nackten Gestalten sind nebst
jenem Tonidol die beiden Goldbleche aus Mykenae,5) welche

1) z. B. Olympia IV Tf. 7 Nr. 74.

2) Winter, Typen der figürl. Terrakotten I S. 2 Nr. 3 k, aus
Griechenland.

;!) Anmial VII 1900—1901 S. 94 (Evans); VIII 1901—1902 S. 74
(Evans).

4) Schliemann, Tiryns Tf. 13; Österr. Jahreshefte I S. 14 (Reichel);
Drerup, Homer Abb. 46, wo zuerst das weibliche Geschlecht der Figur
behauptet ist.

5) Perrot VI S. 652; Schuchhardt a. a. 0. S. 230 Abb. 188, 189.
 
Annotationen