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römischer Münzen, die in unserem Gewann gefunden
sein sollten. Während man allgemein die Ruinen
noch für eine Burg des Hunnenkönigs Attilla hielt6,
kam Dieffenbach7 durch seine häufigen Besuche bald
zu der Überzeugung, daß die Hunnenburg eine
Römerstätte gewesen sei. Nach seinen Grabungen
im Jahre 1842 glaubte er, einen befestigten Vicus
von 1700 X 1000 Fuß Ausdehnung gefunden zu
haben. Das zugehörige Kastell selbst vermutete er
noch im Degerfeld. Hiergegen wandte sich schon
bald v. Cohausen8, der das Kastell im Bereich der
Dieffenbachschen Ausgrabungen suchen wollte. Die
Entdeckung des Lagers blieb Kofler vorbehalten.
Bei der Grabung der Reichslimeskommission9 im
Jahre 1892 machte er sich die Beobachtungen von
Landwirten zunutze und setzte den Spaten sofort an
der richtigen Stelle an. Durch seine Untersuchungen
stellte er ein rund 185 X 149 m großes Steinkastell
fest, das später auf eine Länge von 226 m erweitert
worden war. Er deckte das »Praetorium« mit eini-
gen Nachbarbauten auf und verfolgte mehrere Lager-
gassen.
Dank den Grabungen der Limeskommission ge-
wann die Forschung immer tiefere Einblicke in den
geschichtlichen Ablauf der römischen Okkupation in
der Wetterau. Bald schon postulierten Forscher wie
Barthel und Wolff10 für Butzbach eine ältere, ein-
fache Erdanlage, wie sie auf der Saalburg aufgedeckt
worden war. Während Barthel noch ein frühhadria-
nisches Alter annahm, sprach sich Wolff schon für
eine Datierung des Erdlagers in domitianisch-traia-
nische Zeit aus. Nach Aufarbeitung der für die

Truppendislokation wichtigen Quellen vermutete
Stein, daß ein Kastell schon im letzten Jahrzehnt
des 1. Jahrhunderts, wenn nicht schon um 90 n. Chr.,
in Butzbach bestanden habe11.
Im abschließenden Bericht über die 4. und 5. Li-
messtrecke, der auf einer umfassenden Kenntnis des
Materials beruht, schloß sich Fabricius dieser Ansicht
an12. Nach ihm wurde das Erdkastell Hunnenburg
unter Domitian erbaut. Etwas später, vielleicht in
frühtraianischer Zeit, soll dann die kleine Erdanlage
im Degerfeld gefolgt sein. Den Ausbau des Stein-
kastells möchte er einerseits mit der Verlegung der
coh. II Augusta Cyrenaica von Neuenheim nach
Butzbach begründen, andererseits aber aus bestimm-
ten Erwägungen heraus mit dem Anwachsen der
Lagerdorfbevölkerung in späterer Zeit, die bei plötz-
licher Gefahr im Kastell Schutz gesucht habe. Beh-
rens13 dagegen hielt in seinem populär geschriebenen
Überblick über die römische Periode Butzbachs das
Degerfeldkastell für älter als die Hunnenburg.
6 Dieser Auffassung begegnete der Berichterstatter noch
während seiner Grabung. Winkelmann a. a. O. 185.
7 a. a. O. 208 ff.
8 V. v. Cohausen, Der römische Grenzwall in Deutschland
(1884) 57.
9 ORL B, Bd. II, Nr. 14.
10 6. Ber. RGK. 1910—11 (1913) 144 ff.; 9. Ber. RGK. 1916,
58 ff.
11 E. Ritterling u. E. Stein, Die kaiserlichen Beamten und
Truppenkörper im römischen Deutschland unter dem Prinzipat
(1932) 20.
12 ORL A, Bd. II, Str. 4—5, 48 f.
13 Aus Butzbachs Vergangenheit. Festschrift zur Sechs-
hundertjahrfeier der Stadt Butzbach. Heft II, Butzbach in
römischer Zeit (1921).
 
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