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Der Limes in Bayern

Mit der Besetzung der spätestens unter Claudius
aus den Gebieten Rätien und Vindelikien gebildeten
Provinz Raetia haben sich in letzter Zeit mehrere
Arbeiten befaßt299. Wie vor allem die Kartierung
der Münzfunde zeigt, liegt der Schwerpunkt der Ok-
kupation in der Frühzeit eindeutig im Gebiet west-
lich des Lechs300. G. Ulbert hat die Tatsache, daß
frühe Militärstationen seit der augusteisch-frütibe-
rischen Zeit bisher nur dort und seit spättiberisch-
claudischer Zeit nur am Donauoberlauf angetroffen
wurden, damit in Verbindung gebracht, daß nach
der Verlegung der 13. Legion von Oberhausen nach
Vindonissa301 302 303 * die militärische Sicherung des Alpen-
vorlandes von Südwesten her organisiert werden
mußte802. Wichtige neue Erkenntnisse für die Fest-
stellung früher militärischer Stationen ergaben die
neuen Ausgrabungen von W. Krämer in Kempten308 309
und die von J. Werner auf dem Lorenzberg bei Ep-
fach804. Ich brauche aber, im Gegensatz zum Wet-
teraulimes, auf alle damit im Zusammenhang stehen-
den Fragen nicht weiter einzugehen, da dies G. Ul-
bert bereits ausführlich getan hat.
Schon oben hatten wir bei der Behandlung des
Neckarlimes auf die bedeutsame Feststellung Ulberts
hingewiesen, daß die ausgedehnten Brandschuttschich-
ten in einigen Kastellen an der oberen Donau nicht
mehr in die vespasianische Zeit datiert werden dür-
fen, sondern mit den Wirren des Dreikaiserjahres
69—70 verknüpf! werden müssen305. Es ist also nicht
mehr erforderlich, die Gründung der nördlich der
Donau gelegenen Kastelle erst in das Jahr 85 zu set-
zen306. W. Schleiermacher hat das Vorrücken in fla-
vischer Zeit mit dem Hesselberg, der einzigen großen
vorrömischen Höhenfestung im nördlichen Limes-
bogen, in Verbindung gebracht. Er denkt daran, daß
die Römer — ebenso wie im Chattenkrieg auf der
Westseite der Wetterau die dortigen Ringwälle —
auch hier den Hesselberg unter ihre Kontrolle brin-
gen wollten, und hält es für möglich, daß man sozu-
sagen in Verlängerung der dem Lech folgenden via
Claudia gegen diesen vorgerückt sei (Abb. 10). Die
Kastelle Gnotzheim, Weißenburg und Pfünz hätten

dann die östliche Flankendeckung übernommen, der
Alblimes die westliche und zugleich den Schutz der
Donaustraße307. Schleiermacher bezeichnet seine Er-
klärung ausdrücklich als Arbeitshypothese. Es ist
aber höchst interessant, daß wir nunmehr außer den
schon bekannten Erdkastellen Munningen und Un-
terschwaningen noch in Aufkirchen, Ldkr. Dinkels-
bühl, ein drittes ganz in der Nähe des Hesselberg-
Ringwalles kennen, das ebenfalls in die spätflavische
Zeit gehören dürfte. Chr. Pescheck gelang es, durch
eine Grabung im Jahre 1958 nachzuweisen, daß eine
recht ansehnliche Schanze, die F. Winkelmann für
latenezeitlich hielt808, doch römisch ist und von zwei
Spitzgräben umgeben wird, die wohl zwei aufein-
anderfolgenden Perioden angehören. Mit restloser
Sicherheit gibt es allerdings flavische Funde von dort
noch nicht809. Pescheck beabsichtigt, die Untersuchun-
gen fortzusetzen, so daß wir hoffentlich einmal über
299 H.-J. Kellner, Die röm. Fundmünzen aus dem nördl.
Teil von Rätien, ungedr. Dissertation München (1953); W.
Schleiermacher, Jahrb. RGZM. 2, 1955, 246; H. Schönberger,
Saalburg-Jahrb. 15, 1956, 75 ff.; K. Kraft, Jahrb. RGZM. 4,
1957, 91 f.; K. Christ, Historia 6, 1957, 425 f.; G. Ulbert,
Germania 35, 1957, 326.
s°° Vgl. die auf Vorarbeiten von H.-J. Kellner und H.
Küthmann zurückgehende Karte bei Christ a. a. O. 422.
301 Die Grabungen, welche nach dem Krieg dort stattge-
funden haben, gehören nicht mehr in den Rahmen unserer
Arbeit: Vgl. R. Fellmann, Die Principia des Legionslagers
Vindonissa (1958). Aus Jahresber. d. Ges. Pro Vindonissa 1956/
57 und 1957/58. Zum Gründungsdatum vgl. Anm. 200.
302 G. Ulbert, Die röm. Donau-Kastelle Aislingen u. Burg-
höfe. Limesforschungen 1 (1959) 78 ff. mit Abb. 16. Danach
auch R. Fellmann, Basler Zeitschr. 60, 1960, 32 ff. mit Abb.
11—12. Zu Oberhausen jetzt Ulbert, Die röm. Keramik aus
dem Legionslager Augsburg-Oberhausen. Materialhefte zur
Bayer. Vorgesch. 14 (1960).
303 W. Krämer, Cambodunumforschungen 1953—1. Mate-
rialhefte z. Bayer. Vorgesch. 9 (1957) 119 f.
804 J. Werner, Germania 35, 1957, 327 ff.; ders., Neue
Ausgrabungen in Deutschland (1958) 409 ff.
305 Vgl. Anm. 241.
806 Vgl. Anm. 256.
307 Jahrb. RGZM. 2, 1955, 245 ff.
308 ORL. A VI Strecke 13 S. 67; U. Kahrstedt, Bonner
Jahrb. 145, 1940, 63.
309 Chr. Pescheck, Bayer. Vorgeschichtsbl. 24, 1959, 221 £.;
ders., Analecta Archaeologica, Fremersdorf-Festschr. (1960)
219 ff.

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