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Einleitung

Das Amt für Bodendenkmalpflege Darmstadt
führte seit dem Ende des Jahres 1953 in den nord-
westlich von Butzbach gelegenen Gewannen »auf der
Hunnenburg«, »zwischen Lachenweg und Ebers-
gönserweg« und »der alte See« umfangreiche Unter-
suchungen durch. Anlaß dieser Kampagne waren
ausgedehnte amerikanische Bauvorhaben1, die weit
in das Lagerdorf des 1892 von Kofler entdeckten
Kohortenkastells hineinreichten (Taf. 24—25), und
damit den letzten Auxiliarvicus zerstörten, der zwi-
schen Heddernheim und Butzbach der Forschung
noch zugänglich war.
Die Grabungs- und Bergungsarbeiten erstreckten
sich in einem Streifen von über 1 km Länge und
400 m Breite. Als Nebenfrucht der ständigen Über-
wachung des Geländes konnten bei einem Bauprojekt
der Stadt in der Nähe der Schrenzersiedlung in zwei-
wöchiger Untersuchung 3 Häuser einer bandkerami-
schen Ansiedlung aufgedeckt werden, die wie die
Wohnbauten der amerikanischen Siedlung gestaffelt
und orientiert waren. Eine Flachhacke dieser Kultur-
gruppe wurde auch im Kastellgelände gefunden.
Die im Verlauf der Grabung erworbenen Ein-
blicke in die Topographie und Entwicklung des
Lagerdorfes und die damit verbundenen neuen
Fragestellungen erweckten schon bald den Wunsch,
durch eine Nachgrabung im Kastell selbst die Korre-
spondenz beider Objekte zu überprüfen. Die Ausfüh-
rung dieses Vorhabens mußte verschoben werden, da
die Untersuchungen in den Canabae die Grabungs-
leitung voll beanspruchten. Im Herbst 1954 teilte
aber die Stadt Butzbach dem Amt für Bodendenk-
malpflege mit, daß sie im Frühjahr 1955 einen in der
Stadt gelegenen landwirtschaftlichen Hof in die SO-
Ecke des Kastells aussiedeln wolle (Taf. 23, 4). Der
Leiter des Amtes, Herr W. Jorns, setzte daraufhin
in Besprechungen mit der Direktion der Römisch-
Germanischen Kommission und dem Berichterstatter
den Beginn der Kastellgrabung für das Frühjahr
1955 fest.
Die Grabung begann am 5. 3. 1955 und dauerte
mit Unterbrechungen bis zum 6. 6. 1955. Bis Ende

März beaufsichtigte H. Butschkow die Arbeiten;
danach führte der Berichterstatter die Untersuchun-
gen weiter. Die Grabungsanlage nahm weitgehende
Rücksichten auf den Gehöftplan, um die zur Ver-
fügung stehenden finanziellen Mittel nicht unnötig
durch Ersatzansprüche des Bauherrn zu belasten. Wo
erforderlich, wurden Schnitte und Flächen daher ver-
setzt oder verdreht. Dabei wurde erstrebt, einen
möglichst langen Schnitt durch das ganze Baugelände
zu treiben, um die Schichtenfolge studieren zu kön-
nen, und daneben den Teil in Flächenabdeckung zu
untersuchen, der später ausgeschachtet werden sollte.
Besonderen Dank schuldet die Grabungsleitung dem
Besitzer, Herrn Landwirt Sauerbier, der mit größ-
tem Verständnis ihren Wünschen entgegenkam. Die
Schnitte 1 bis 4, 8 bis 9 und die Fläche 1 wurden
unter der Leitung des Berichterstatters angelegt und
ausgehoben, der Schnitt 1 dabei in Anlehnung an
einen schon vorhandenen schmalen, aber tiefen Gra-
ben. Die Fläche 2 war größtenteils von Butschkow
ausgehoben. Sie konnte nicht bis zum gewachsenen
Boden untersucht werden, da die vorgesehene Keller-
ausschachtung nicht so tief reichte. Gleiches gilt auch
für die Schnitte 6, 7 und 10, die von Herrn Sauer-
bier als Kanalisations- und Leitungsgräben ausge-
hoben worden waren. Der Berichterstatter be-
schränkte sich bei diesen schmalen Gräben darauf,
die Profile zu säubern und zu zeichnen. Sehr viel
Zeit beanspruchte das Auffüllen des Schnittes 1. Da
später über diesen Schnitt eine Betondecke gelegt
werden sollte, mußte der eingeworfene Boden mit
einer Explosivramme festgestampft werden.
An Arbeitskräften stand im Durchschnitt eine Ko-
lonne von 10 Strafgefangenen zur Verfügung, die
dankenswerterweise von der Direktion der Butz-
bacher Anstalt für die Grabung abgestellt worden
waren. Dem Verständnis des zuständigen Referen-
ten in der Wiesbadener Justizverwaltung, Herrn
Dr. Moog, verdankte das Amt auch weitgehendes
finanzielles Entgegenkommen.
1 Saalburg-Jb. XIV, 1955, 12 ff.

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