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eine Legion zu klein, für eine Kohorte von 500 Mann
aber zu groß. Doch muß man mit einer solchen Be-
hauptung recht vorsichtig sein, solange wir über die
Organisation des Heeres in der frühen Kaiserzeit nur
wenig unterrichtet sind. Das Lager dürfte in der Zeit
n. Chr. Geb. nicht mehr besetzt gewesen sein15.
Eine gewisse Überraschung war es auch, als in Bad
Nauheim, also nur rund 2,5 km nördlich der Fried-
berger Burg, bei Bauarbeiten im Zuge der verlänger-
ten Kurstraße dank der Aufmerksamkeit von H.-G.
Simon und H. Martin seit 1958 in ansehnlicher
Menge Funde geborgen wurden, die der spätaugu-
steischen und frühtiberischen Zeit angehören16. Auch
dort möchte man an eine mehr oder minder große
umwehrte Anlage denken. Nach meiner Auffassung
ist es allerdings bei den Grabungen der Jahre 1959
und 1960, die W. Jorns, K. Stade und L. Süß aus-
führten und bei denen die Beobachtungen innerhalb
der mächtigen Lateneaufschüttungen sehr erschwert
waren, noch nicht überzeugend gelungen, das zeit-
liche Verhältnis zu den Spätlateneschichten zu klä-
ren oder einen Graben zu finden, der mit absoluter
Gewißheit zu einer frühen Station gehört.
Ganz unsicher ist die zeitliche Stellung eines schon
lange bekannten Erdlagers von Frankfurt-Praun-
heim. Die Entscheidung darüber, ob es unter Um-
ständen in die Reihe spätaugusteisch-frühtiberischer
Anlagen gehören kann, ist grundsätzlich davon ab-
hängig, ob wir den älteren Angaben vertrauen, daß
ein Brandgrab der Spätlatenezeit sich wirklich oben
in dem damals bereits wieder zugefüllten Graben die-
ses Lagers befand. Außerdem sind die erwähnten
Latenefunde selbst nicht so genau zu datieren17. Son-
stige sichere Spuren aus der Zeit vor Domitians Chat-
tenkrieg hat man jedenfalls vorerst weder in Praun-
heim noch in Heddernheim entdeckt18.
Während man die bisher aus den Bodenfunden in
Höchst und Wiesbaden19 zu erschließenden Anlagen
der fraglichen Jahre als zur Operationsbasis um
Mainz-0 gehörig ansehen möchte, wozu vermutlich
künftig noch weitere Plätze im Gelände kommen wer-
den, liegen Friedberg, Bad Nauheim und Rödgen an
der großen Heerstraße von Süd nach Nord, die wie
in den jüngeren römischen Epochen, so überhaupt zu
allen Zeiten eine wichtige Ein- oder Ausfallstraße
darstellte. Aber nicht nur an ihr entlang und weit
nach Norden über den späteren Limes hinaus werden
wir Lager aus der Frühzeit der Okkupation erwarten
dürfen. So verlockend nämlich im Einzelfall eine
Verbindung augusteisch-frühtiberischer Anlagen mit
den Zügen des Drusus und Germanicus ist, wir müs-
sen dennoch auch mit anderen, uns nicht überliefer-
ten Maßnahmen rechnen, die in dieser oder jener

Form ihren Niederschlag im Boden gefunden haben.
Außerdem sei nur erwähnt, daß zum Beispiel Sentius
Saturninus im Jahre 6 n. Chr. von West nach Ost ge-
richtete Vormarschstraßen benutzt haben könnte21,
an denen man ebenfalls mehr oder minder lang be-
nutzte Lager zu erwarten hätte.
Da es aus Friedberg, Bad Nauheim und Rödgen
keine Funde gibt, die zwingend dem 3. oder 4. Jahr-
zehnt n. Chr. zugewiesen werden müssen, möchte
man annehmen, daß die in diesem Raum vorhande-
nen Truppen nach der Abberufung des Germanicus
im Jahre 17 von dort zurückgenommen wurden23.
Dagegen dürfte der Brückenkopf nördlich des Rheins,
das Gebiet um Wiesbaden und Hofheim i. T., von
den Römern aus naheliegenden Gründen niemals
ganz aufgegeben worden sein23, auch wenn die Mili-
täranlagen verschiedentlich zerstört wurden und
wieder neu aufgebaut werden mußten. So lassen sich
beispielsweise stichhaltige Argumente dafür anfüh-
ren, daß ein Brandgrab, das im Jahre 1955 in Hof-
heim nahe der späteren Elisabethenstraße festgestellt
wurde24 und zeitlich wohl vor das Jahr 40, das un-
gefähre Gründungsdatum des Hofheimer Erdlagers
gehört25, nicht mit den Unternehmungen des Germa-
nicus in Verbindung gebracht werden darf, sondern
jünger ist26.

15 Saalburg-Jahrb. 19, 1961, 37 ff.
16 H.-G. Simon, Saalburg-Jahrb. 18, 1959/60, 5 ff.; W.
Jorns, Germania 38, 1960, 183 f.
17 H. Schönberger, Saalburg-Jahrb. 11, 1952, 66.
18 E. Ritterling hat einmal (Mitt. d. Ver. f. Nass. Altkde.
1901/02, 50) auf Grund von angeblich dort gefundener früher
Keramik damit gerechnet. G. Wolff hat aber (Röm.-Germ.
Korrespondenzbl. 3, 1910, 25 ff.) darauf hingewiesen, daß die
Herkunft dieser Scherben recht unsicher sei.
19 Zu den augusteischen Funden von dort: Ritterling a. a. O.
in Bezug auf Nassauische Ann. 29, 1897, 145 ff. Nr. 10—14,
29 (?), 42 (?), 51, 64; Taf. 5, 27 und ORL. B II 3 Nr. 31
S. 63, 66 f., 105 Anm. 1.
20 H. Nesselhauf, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 154.
21 Velleius II 109, 5. Vgl. E. Fabricius, ORL. A II 1 Strecke
3-5 S. 272 f.
22 Vgl. H. Nesselhauf, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 154.
23 Th. Mommsen, Römische Geschichte 5 (1885) 135; G.
Wolff, Nassauische Ann. 27, 1895, 51; H. Nesselhauf, Ger-
mania 22, 1938, 134 f.
24 H. Schoppa, Nassauische Heimatbl. 47, 1957, 27 ff.; ders.,
Germania 36, 1958, 154 ff.
25 E. Ritterling, Nassauische Ann. 40, 1912, 81 ff.
26 D. Baatz hat dazu folgendes ermittelt und einige Be-
denken hier kurz formuliert: 1. Nadi dem Fundbericht Nas-
sauische Heimatbl. 47, 1957, 28 war die Grabgrube mit
Ziegeln ausgelegt. Ziegel aber habe ich in den frühen Schichten
des Legionslagers Mogontiacum bis in frühtiberische Zeit nicht
gefunden. Sie müssen zumindest sehr selten gewesen sein. Ge-
stempelte Ziegel gibt es nach Ritterling erst seit claudischer
Zeit (CIL. XIII, 6 S. VII f.). Erst dann treten am Mittelrhein
Ziegel mit Sicherheit und massenhaft auf. Noch im Erdlager
Hofheim gehören sie zu den Seltenheiten. 2. Der Sigillata-
stempel Germania 36, 1958, 156 Abb. 3, 1, der sich Silvinus

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