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DIE ÄUSSERE LIMESLINIE

Die coh. I Helvetiorum hat 148 n. Chr. in Böckin-
gen Weihesteine gesetzt, und auch am Odenwaldli-
mes ist nach Aussage von Inschriften noch zwischen
145 und 146 gebaut worden. Es besteht daher kein
Zweifel, daß die Truppen am Neckar-Odenwald-
Limes noch in diesen Jahren hier stationiert waren,
zum wenigsten ihr größter Teil. Es kann also gar
nicht davon gesprochen werden, daß der Limes ins-
gesamt schon vorher in die vordere Linie vorverlegt
wurde. Jedoch meine ich, man muß sehr wohl auf
Grund bestimmter älterer Ziegelstempel und früher





Abb. 16. Reste von südgallischen Bilderschüsseln in Öhringen,
Sammlung Dambacher (1) und im Museum Schwäbisch Hall (2),
mittelgallische Sigillata im Weygang-Museum zu Öhringen (3).
Maßstab 1:2.

Keramik an einigen Kastellorten damit rechnen, daß
sie als Vorposten zur Überwachung wichtiger Stra-
ßen usw. schon in hadrianischer Zeit besetzt sein
können, wofür in erster Linie Miltenberg-Altstadt,
Osterburken, Jagsthausen und Öhringen-Bürg in
Frage kommen270. Auf die seinerzeit vor gebrachten
Argumente brauche ich nicht nochmals einzugehen.
Ich berühre auch nicht die Frage der Brittonen-An-
siedlung271, da ich von den neueren Grabungen ausge-
hend hier nur das Problem der Chronologie erör-
tern möchte.
Die von mir seinerzeit angeführten frühen kera-
mischen Reste lassen sich inzwischen durch zwei wei-
tere recht aussagekräftige Stücke vermehren: Als ich
im Frühjahr 1959 zusammen mit R. Nierhaus noch
einmal die Sammlung Dambacher in Öhringen durch-

sah, stellte ich überraschenderweise das Bruchstück
einer südgallischen Bilderschüssel fest {Abb. 16, 7):
Dr. 37. Eierstab Knorr 1910, Taf. 3 und 4 mit beglei-
tender Wellenlinie; Metopenteilung durch senkrechte Wel-
lenlinie; rechts Minerva mit Helm nach rechts wie ebenda
Taf. 4, 11; links ruhender Hirsch nach links wie Knorr
1905 Taf. 10, 7 und Rest einer dreilappigen Blüte wie
ebenda. -Natalis-Ware, Banassac.
Oberveterinärrat M. Dambacher hat vor allem in
seinem Garten von 1909 an gegraben und dabei Kel-
lerräume von einem oder mehreren Gebäuden auf-
gedeckt272. Es handelt sich also in der Hauptsache um
das Gebiet des zum Bürgkastell gehörigen Kastell-
vicus, von wo auch alle anderen Funde der Damba-
cherschen Sammlung stammen dürften. Es ist jeden-
falls nicht anzunehmen, daß Dambacher unser klei-
nes Scherbenstück von einem anderen Ort in seine
Sammlung eingeschleppt hat.
Im Weygang-Museum in Öhringen befindet sich
seit langem eine Sigillatascherbe, von der leider nicht
ganz feststeht, ob sie im Rendel- oder im Bürgka-
stell gefunden worden ist. Wahrscheinlich ist das
zweite der Fall. An dem Fundort Öhringen ist indes-
sen nicht zu zweifeln {Abb. 16,3):
Schlecht ausgeformter Eierstab (?) mit feiner beglei-
tender Perllinie; Panther wie Stanfield-Simpson Taf. 38,
444; darunter Akanthus ebenda Abb. 10, 22 und Astragal
ebenda Abb. 10, 25; unterer Abschluß wie ebenda Abb.
10, 8, dabei Rosette wie ebenda Abb. 10, 32; links Blatt
wohl wie ebenda Abb. 7, 21 oder Abb. 11, 24. — Mittel-
gallisch, Ioenalis.
Eine dritte Scherbe sei hier noch erwähnt, die im
Museum Schwäbisch Hall aufbewahrt wird {Abb.
16, 2). Sie ist südgallisch, trägt aber leider keine
Fundortbezeichnung. Ein großer Teil der Haller Si-
gillaten stammen vom Kastell Osterburken. Es ist
jedoch beim vorliegenden Stück nicht nachweisbar,
daß das auch bei ihm so ist. Womöglich wurde es am
Neckarlimes aufgelesen. Wir wollen es daher hier
außer acht lassen.
Die Datierung der beiden anderen Sigillatascher-
ben aus Öhringen ist eindeutig: Die südgallische
{Abb. 16, 1) ist durchaus in trajanischer Zeit noch
möglich und könnte vielleicht erst in den zwanziger
oder dreißiger Jahren des 2. Jahrhunderts in den
Boden gekommen sein. Daß die Schüssel aber, von
270 Germania 35, 1957, 74 ff.; dazu auch K. Christ, Antike
Münzfunde Südwestdeutschlands 1 (1960) 124 f.; H. Nessel-
hauf, Jahrb. RGZM. 7, 1960, 172 ff. mit Anm. 39.
271 Dazu jetzt Christ a. a. O. 120 ff.; Nesselhauf a. a. O.
272 Fundber. aus Schwaben 17, 1909, 37; 18, 1910, 62; 20,
1912, 44; ebd. N. F. 8, 1935, 122; N. F. 9, 1938, 94.

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