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Nach den südgallischen Sigillaten zu urteilen,
könnte der Platz schon ein wenig früher als beispiels-
weise Künzing besetzt worden sein. Doch ist ihre
Zahl nicht so groß, daß dies bündig beweisbar wäre.
Ob und wann das Kastell im Zusammenhang mit
dem Fall des obergermanisch-rätischen Limes aufge-
lassen wurde — vielleicht nur vorübergehend —, ist
schwer zu sagen. Das späteste Stück einer bescheide-
nen Münzreihe ist ein Antoninian des Gallienus (253
bis 268), der aber noch Jahre nach seiner Prägung
verlorengegangen sein kann. So muß also schließlich
unentschieden bleiben, ob die Kohorte des norisch-
pannonischen Heeres, die zumindest teilweise nach
Not. dign. occ. 34, 44 im 4. Jahrhundert in Boiodu-
rum stationiert war, die alten Anlagen wieder in-
standgesetzt und benutzt hat. Während wir in Boio-
durum in der Keramik wenigstens vage Anhalts-
punkte zu erkennen meinen, die der uns schriftlich
überlieferten Besiedlung in spätrömischer Zeit ent-
sprechen335, fehlen solche in Künzing abgesehen von
den Münzen bisher vollständig. Wir wissen weder
genau, wo in diesen Jahren die in der Notitia ge-
nannten Truppenteile lagen, noch wo wir hier die
von Eugippius erwähnte Zivilsiedlung »Quintanis«
und dort »Boiotro« zu lokalisieren haben. Man wird
also künftig auch dieser Epoche an der Donau größte
Aufmerksamkeit schenken müssen.

Wenn ich hier nicht weiter auf die Frage nach dem
Zeitpunkt des Limesfalls inRätien eingegangen bin336
und lediglich kurz vermerke, daß der Zusammen-
bruch um 259/260 ebenso wie in Obergermanien so-
zusagen in Etappen durch offenbar mehrere aufein-
ander folgende feindliche Einbrüche vorbereitet
wurde, dann entspricht das ganz dem Thema der
vorliegenden Arbeit: Sie soll ja nicht ausführlich über
den derzeitigen Stand der Limesforschung berichten,
sondern darstellen, in welchem Maße die neuen Gra-
bungen unser Wissen von der Geschichte der römi-
schen Okkupation gefördert haben. Ich bin dabei
von den Untersuchungen ausgegangen, die ich selbst
durchgeführt habe. Andere sind deshalb nicht weni-
ger wichtig. Schließlich habe ich bewußt, vielleicht
mehr als unbedingt erforderlich, darauf hingewiesen,
wo und wie uns künftige Ausgrabungen weiterhelfen
können. Gerade der römische Limes mit seinen vie-
len Kastellen, dieses gewaltigste Bodendenkmal in
Deutschland, bietet dabei die einzigartige Möglich-
keit, daß ein und dasselbe Problem von ganz ver-
schiedenen Stellen aus verfolgt werden kann.

335 Saalburg-Jahrb. 15, 1956, 78.
336 Wertvolle Beiträge dazu verdanken wir H.-J. Kellner:
Germania 31, 1953, 168 ff.; Bayer. Vorgeschichtsbl. 25, 1960,
143 ff.

NACHTRÄGE: Während der Drucklegung erschien E. Birley, Research on Hadrian’s Wall (1961). Darin finden sich
weitere Belege zu S. 74, Anm. 41. — Zu Oberhausen (oben S. 101 Anm. 200) vgl. jetzt E. Ettlinger, RE IX A, 1. Dort wird
mit einer Möglichkeit gerechnet, auf die man aus methodischen Gründen eindringlich hinweisen muß. (Ähnlich oben S. 104 im
Falle von Böckingen und Rißtissen).
 
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