Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

DOI Artikel:
Braun, Edmund Wilhelm: Altludwigsburger Porzellan
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0015
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Altludwigsburger Porzellan.

9

ankamen, kam alles in Bewegung; die Comödianten spielten, die Marktschreier
schrien, die Operisten sangen, die Sailtänzer und Gaukler tanzten und gau-
elten; kurz alles war in Bewegung. Darauf kam die chinesische Caravane
auf den Platz in Männern, Weibern, Lastträgern und Kindern bestehend, deren
hol\S m^ ^aaren beladen war; nach dieser kam die japanische, dann die
° andische mit Japanern untermengt, und endlich die tartarische; von dieser
waren die vornehmsten zu Pferd, zwei Frauenzimmer befanden sich unter
selben auf Palanquins getragen. Die Waaren dieser Caravane wurden
cn auf Pferden geführt, deren jedes von einem Knecht geführt wurde. Jede
ravane war von einer Bande Musikanten begleitet, mit Instrumenten ihrer
. sart, wie dann auch die Kaufleute, ihre Weiber und Kinder, jedes nach
seiner Landesart und sehr prächtig gekleidet waren. Ihre königl. Hoheiten
& en sich darauf in die Kramläden der verschiednen Caravanen, welche
1 ■ , *en eingerichtet waren, und zogen verschiedne Loose in jeder; ein
S es geschah nachher von einer großen Menge der Zuschauer, und nachdem
leses bis um Mitternacht gedauert hatte, ward dieser Lustbarkeit mit Los-
rennung einiger tausend Raquettn, welche den ganzen Horizont beleuchteten,
ein Ende gemacht, darauf aber eine andere anfieng, nämlich die Beleuchtung
der ganzen Stadt, welche ausnehmend prächtig und zierlich war."

Weitere Schilderungen von solchen Festen am württembergischen Hof mag
man bei Pfeiffer und in dem so anschaulich geschriebenen Kapitel ..Hof und
Hoffeste", das Generalmajor Dr. von Pfister der im Erscheinen begriffenen
wertvollen Publikation ..Herzog Karl Eugen von Württemberg und seine Zeit"
beigesteuert hat und die der Württembergische Geschichts- und Altertums-
verein herausgibt, nachlesen.

Die venetianische Messe in Porzellan besteht aus kleinen Meßbuden mit
Dach und einfachen Ständen. Diese beiden Typen hat man nach der Auf-
schrift mit den entsprechenden Verkaufsgegenständen bemalt und dazwischen
haben wir uns eine große Anzahl der verschiedenartigsten Gruppen und Figuren
in allen nur denkbaren Kostümen und Masken zu denken. Die Ausstellung
selbst bot uns relativ wenige dieser reizenden Miniaturwerke, auch in Privat-
sammlungen treten sie nur vereinzelt auf, in der Privatsammlung dagegen des
Großherzogs von Baden im Karlsruher Residenzschloß ist wirklich eine ganze
venetianische Messe vorhanden. Sie ist in einer Nachtragstafel des Aus-
stellungswerkes abgebildet worden. Da stehen die Buden des Marchand
d'Etoffe, des Marchand Libraire, des Marchand de Dentelles, d'Epiciers, de
Drap, d Angleterre, de Fer, dann des Marchand ä la Mode, die Boudique
a la Galanterie und die Wände wie die Verkaufsbretter schmücken in zier-
licher Malerei alle die Herrlichkeiten, die man da bekam. Auch die ein-
facheren Stände ohne Dach sind mit Objekten behängt und belegt, mit Bürsten,
Strümpfen etc. Und dann alle die vielen 5 6 cm hohen Verkäufer, Meß-
besucher aller Stände und Berufe, Perückenmacher, Fleischhacker, Müller,
Schuster, fliegende Verkäufer, die ihre Waren anpreisen, sog. Cris, wie sie aus
jeder Großstadt des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts in Stichen er-
halten sind, sich raufende Bauern, eine Frau, die ihren Gatten prügelt, und
dazwischen nun der Hof, die Damen und Herren als Harlekin und Harlekine,
als Pierrot und Pierrette, als venetianische Maskenfiguren in ihrem charakte-
nstischen Kostüm, der ..Tabaro o bauta", dem Mäntelchen von schwarzer Seide,
 
Annotationen