Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

DOI Artikel:
Württembergische Kunstchronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0096
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Württembergische Kunstchronik.

89

Ueber eine wertvolle Kunst- und Altertümersammlung im Schloß
Hochberg am Neckar berichtet anläßlich einer Wanderung dahin ein Besucher
in Nr. 368 der ,, Schwäbischen Chronik" wie folgt: Daß in unserem Land noch
manche kaum oder wenig bekannte Oertlichkeiten sich finden, die entweder
durch Alter und Bauart oder durch die darin geborgenen Schätze, mitunter
durch beides zugleich, das Interesse des Kenners verdienen, davon hat sich
der Schreiber dieses unlängst wieder überzeugt, als er durch einen Zufall
nach Hochberg am Neckar kam und ihm dort die Räume des gräflich Berol-
dingenschen Schlosses geöffnet wurden. Freilich wer seinerzeit die Aus-
stellung von Erzeugnissen der Ludwigsburger Porzellanfabrik besuchte, die
im königlichen Schloß zu Stuttgart veranstaltet war, und dort die ausgezeich-
neten Stücke bewunderte, die aus dem Hochberger Schloß stammten, mußte
auf die Vermutung geraten, daß dort wohl noch eine Fülle ähnlicher Schätze
vorhanden sei. Das Schloß selbst zeigt noch wohlerhaltene alte Teile und
behauptet namentlich durch die beiden Rundtürmchen mit den Wendeltreppen,
die den einstigen Haupteingang flankieren, ein malerisches Ansehen, auch ist
der Schloßgraben noch erhalten, wenn gleich die ehemalige Zugbrücke längst
einem bequemeren Zugang Platz gemacht hat. Wer aber das Innere betritt,
wird schon in der Eingangshalle mit den mächtigen Dimensionen überrascht
sein von dem Reichtum alter Geräte und Prunkstücke, die hier in einer das
Auge erfreuenden Anordnung untergebracht sind. Und das Staunen wächst,
wenn wir dann die übrigen Räume durchwandern, den reich ausgestatteten
Speisesaal und die lange Flucht der anstoßenden Gelasse, die angefüllt sind
mit den mannigfaltigsten Sammlungen von Natur- und Kunsterzeugnissen, von
prähistorischen, römischen und etruskischen Altertümern, von Waffen aller
Art, kriegerischen Erinnerungen und Uniformstücken, Weiterhin fesseln be-
sonders die zahlreichen geschnitzten oder eingelegten Schränke aus früheren
Jahrhunderten, die reichen Sammlungen von Zinn, von Gläsern, von Porzellan,
nicht bloß aus Ludwigsburg, sondern auch aus Meißen und Nymphenburg,
die wertvollen Teppiche, eine Bücherei mit vielen alten Drucken, an Bildern
besonders viele Porträts, darunter ein altes Bildnis Friedrichs des Großen.
Dann im oberen Stockwerk, das eine schöne Aussicht in die liebliche Neckar-
landschaft gewährt, eine Flucht von wohnlich eingerichteten Zimmern, jedes
mit dem Hausrat einer bestimmten Zeit: Renaissance, Barock, Rokoko, Empire.
Kein modern eingerichtetes Zimmer, und doch alles anscheinend noch eben
bewohnt. Man kann hier stundenlang verweilen und stößt immer wieder auf
Merkwürdigkeiten, auf Kuriositäten, auf Altertümer von hohem Wert. Dem
Eigentümer des Schlosses, das nach mannigfachen Schicksalen im vorigen Jahr-
hundert an die Familie von Hügel und dann an die Grafen von Beroldingen
kam, macht es Ehre, daß er einen Besitz, wie ihn Familiensinn von Geschlecht
zu Geschlecht zusammengebracht hat, pietätvoll zu bewahren und einsichtig
zu mehren versteht.

Das Ulmer Münster hat im August in einem an der Vorhalle angebrachten
schmiedeisernen Abschlußgitter eine neue Zierde erhalten. Der Entwurf zu
dem in spätgotischen Formen gehaltenen Erzeugnis des Kunstgewerbes rührt
von Münsterarchitekt Karl Bauer und die Ausführung, die zwei Jahre in An-
spruch nahm, von Schlossermeister J. Mack beim Münsterbauamt her.
 
Annotationen