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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

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Württembergische Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0095
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Mitteilungen des Württembergischen Knnstgewerbevereins.

der Gemeindeordnung als § 75 der Bauordnung nicht vollständig für einen
Denkmalschutz genügen, selbst wenn die Vollzugsverfügungen auch das Ihrige
tun. Der Redner kommt sodann noch auf den Heimatschutz und den Natur-
schutz zu sprechen. Es sei erfreulich, daß der Sinn für unsere schöne Heimat
und unsere Naturdenkmale geweckt werde, aber es dürfe sich dabei nicht
nur um die Erhaltung der Natur handeln, sondern manchmal auch um die
Beseitigung gewisser Dinge, wie z. B. der Pappeln, die manche Gegenden
förmlich verschimpfieren durch ihr besenartiges Aussehen. Der Redner tritt
schließlich noch für die Einführung von Führungen durch unsere Altertums-
sammlung ein, wie dies bereits im Naturalienkabinett der Fall sei. Kult-
minister von Fleischhauer: Wenn die Altertumspfleger vermehrt werden sollen,
so habe er nichts dagegen einzuwenden. Einem Denkmalschutzgesetz stehe
er noch kritisch und ablehnend gegenüber. Die Erfahrungen, die man mit
dem einzigen bisher bestehenden Gesetz gemacht habe, sind noch unbefrie-
digend. Wir wollten abwarten, was in dieser Beziehung in Preußen geschieht.
Einstweilen werde es genügen, auf dem Verwaltungswege für die Erhaltung
unserer Denkmale Sorge zu tragen. Die wichtigste Frage werde die der Be-
schaffung der Geldmittel sein. Auf die Frage der Unterbringung der Alter-
tumssammlung werde er sich heute nicht einlassen, die Sache sei Gegenstand
der Erwägung. Wegen des Naturschutzes sei auch das Nötige in die Wege
geleitet. Was den zweiten Landeskonservator anbelangt, so sei er der An-
sicht, daß derselbe nicht neben dem Assistenten, sondern an die Stelle des-
selben zu setzen sei. Der Kommissionsantrag wird angenommen.

In Engstlatt bei Balingen wurde am 4. August der erneuerte Chor der
dortigen Kirche neu eingeweiht. Der spätgotische Chor, in dem 1892 ein
wertvolles Wandgemälde entdeckt wurde, ist 1471 erbaut worden. Mit einem
Aufwand von 8000 Mark wurde laut „Schwäbische Chronik'' eine neue Orgel
von der Firma Weigle aufgestellt und zwar derart, daß ein hübsches gemaltes
Fenster, die Segnung der Kinder darstellend, gerade über der Orgel zur Geltung
kommt. Hervorzuheben sind noch das neue Gestühl und die geschmackvolle
Bemalung des Chors.

Frau Geh. Kommerzienrat von Duttenhofer (Rottweil) ließ den bürgerlichen
Kollegien als Beitrag zu den im August eingeleiteten Arbeiten zur Erhaltung
des Kapellenturms 5000 Mark überreichen.

Die „neue Altstadt" in Stuttgart hat im August einen hervorragenden
künstlerischen Schmuck erhalten. An zwei Häusern der Steinstraße wurde
ein Teil der Putzfassade ausgefüllt mit prächtigen Wandgemälden, die von
Akademiedirektor Professor von Haug ausgeführt wurden. Von besonderem
künstlerischem Interesse ist das große Bild an dem einen Haus, in dem das
Bäckereigewerbe betrieben wird. Es stellt einen Müllerwagen dar, von dem
die Knechte Mehl abladen. Als Zuschauer figuriert der behäbige Bäcker-
meister. Der Stuttgarter Gemeinderat hat bekanntlich seinerzeit beschlossen,
diese Wandgemälde in die Obhut der Stadt zu nehmen.
 
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