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36

N atuvwissenschaften

sehen Formen als Bewegungsschemata vgl.
Panofskys Arbeiten). In Leonardos rein
mathematischen Untersuchungen zur Qua-
dratur des Kreises (Abb. 270) oder zur Kon-
struktion von Vielecken und Polyedern
(Abb. 271 u. 85) einen unmittelbaren Zu-
sammenhang mit künstlerischen Propor-
tionsgesetzen zu sehen, ist falsch und ebenso
irreführend wie die unrichtige Verwertung
seines Wortes „Non mi legga, chi e non
matematico“ am Kopfe des Buches.
L. H. H.
126 LIETZMANN, WALTHER, Mathematik
und bildende Kunst. Breslau: Hirt. 149 S.
Bezweckt, zur besseren Einführung in die
Werke der bildenden Kunst das betrach-
tende Auge mathematisch zu schulen. Die
zur Antike zurückweisenden Motive, die da-
bei erwähnt werden, sind: arithmetische
und geometrische Gesetzmäßigkeiten in
Baukunst, Ornamentik sowie bei der Dar-
stellung des menschlichen Körpers in Bild
und Plastik. K. V.
b) Wissenschaft und Poesie
127 CRUM, RALPH B., Scientific Thought in
Poetry. New York: Columbia Univ. Pr.
VI, 246 S.
(Columbia Univ. Studies in Engi, and
comparative literature. 66.)
Die Frage nach dem Verhältnis von
Poesie und Wissenschaft, eine in der eng-
lischen und amerikanischen Philosophie
heute viel besprochene Frage (vgl. I. A. Ri-
chards, Science and Poetry; Scott Bu-
chanan, Poetry and Mathematics; A. H.
Thorndike, Literature in a Changing
Age, die alle, und vor allem der letzt-
genannte, auf das vorliegende Buch ein-
gewirkt haben), wird hier nicht prinzipiell
gestellt, geschweige denn philosophisch ge-
löst. Vielmehr sollen in loser, geschichtlich
unverbindlicher Abfolge einzelne Dichter
behandelt werden, in deren poetisches
Schaffen das wissenschaftliche Denken ge-
staltend eingegriffen hat. Am Anfang der
Reihe steht Lucrez, der in der Transposi-
tion der Wissenschaft in die Poesie nur ein
technisch-didaktisches Problem erblickte;
am Ende der Reihe John Davidson, der
an dem Versuch dieser Transposition zu-
grunde ging, weil er seine wissenschaftliche
Kenntnis ganz zum emotionalen Erlebnis
werden ließ. — In dem Kapitel über das

17. Jahrh. macht sich der Mangel einer
straffen Methode fühlbar. Zwar werden die
physikalischen Gleichnisse bei Donne be-
sprochen, aber das Verhältnis dieser Gleich-
nisse zu den weiterlebenden antik-mytho-
logischen nicht erörtert; und dies trotz
Cowleys Ode an Harvey, in der die Natur
als Daphne, Harvey selbst als Apollo er-
scheint, der die Geliebte bis in das Herz des
Menschen hinein verfolgt! — In den Kapiteln
über das 18. und 19. Jahrh wird das Ein-
dringen der Newtonschen Kosmologie in
die Poesie geschildert (Voltaire; Andre
Chenier); ferner die Einwirkung der Poesie
auf die Entwicklung der biologischen Vor-
stellungen von Metamorphose und Evo-
lution (Erasmus, Darwin; Goethe). Die
einzig prägnante Fragestellung des Buches,
diese allerdings sehr fruchtbar, findet sich
in den Erörterungen über die Aufklärung.
Dort wird gezeigt, wie der gleiche rationale
Appell an die Natur, der auf wissenschaft-
lichem Gebiet durch die Ausbildung der
experimentellen Methode die Autorität des
Aristoteles erschüttert, auf poetischem
Gebiet durch die Festlegung klassizisti-
scher, auf die Natur des Menschen ge-
gründeter Regeln diese Autorität immer von
neuem bestätigt. Diese Harmonie des revo-
lutionären Geistes in den exakten Wissen-
schaften mit dem retrospektiven Geist in
der Poetik wird gleichsam ex post be-
glaubigt durch William Blake, der in seiner
Revolte gegen die mathematisch-physi-
kalische Ratio die klassisch-griechische
Kunstform als das sie umhüllende Gefäß
zerschlagen will. Auch die französische
„Querelle des Anciens et des Modernes" ge-
winnt unter diesem Gesichtspunkt eine neue
Bedeutung, indem auf der einen Seite die
Spannung zwischen Poesie und Wissen-
schaft anerkannt w’ird und die Griechen,
die in der Wissenschaft veraltet sind, in
der Poesie die nie alternden Vorbilder
bleiben; während man auf der anderen
Seite eine Identität zwischen Poesie und
Wissenschaft fordert und einem La Motte,
der Homer die Ehrerbietung verweigert,
nachrühmt, er habe für die Dichtung das
gleiche geleistet wie Descartes für die
Philosophie. E. W.
FOX, GEORGE G.', The mediaeval Sciences 128
in the works of John Gower. Princeton:
Univ. Pr. 164 S. (Princeton Studies
English. 6.)
 
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