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164

Byzanz

V. THEATER UND SPIELE

672 COTTAS, VENETIA, Le Theätre ä By-
zance. Paris: Geuthner. XII, 290 S.
Das Buch gliedert sich in zwei Haupt-
teile: das „volkstümliche“ und das „lite-
rarische“ Theater. Der erste Teil behandelt
die Spiele im Hippodrom, den szenarischen
Charakter gewisser kirchlicher Riten, den
Mimus, Mysterien, häufig weit ausgreifend
über die byzantinische Zeit bis zu modernen,
noch lebendigen Gebräuchen der ortho-
doxen Kirche; der zweite ist der dürftigen
Überlieferung einer doch nur mit größter
Vorsicht als dramatisch anzusprechenden
Literatur gewidmet, die wir aus Byzanz
besitzen. Ich kann mich des Eindrucks nicht
erwehren, daß die gelehrte Verfasserin in
ihrer Absicht „ de prouver l’existence d’un
theätre ä Byzance" (S. XII) doch manche
Dinge in diesen Kreis gezogen hat, denen die
Aufnahme besser nicht zuzubilligen wäre
(etwa die rein literarisch gemeinten dia-
logischen Stücke des Prodromos). Im ersten
Teil sind vielfach Verbindungslinien zur
Antike hin gezogen, die christlichen Um-
formungen antiker Festgebräuche ein-
gehend behandelt. Ob überall mit Glück,
mögen Sachkundige entscheiden; ich ge-
stehe, z. B. nicht als bewiesen ansehen zu
können, daß das berühmte gotische Weih-
nachtsspiel des konstantinischen Zeremo-
nienbuches ein „dernier reste des scenes
homeriques comprises dans les represen-
tations olympiques“ (S. 14) ist. Für die
Forschung auf dem Gebiet des Fortlebens
antiker Bräuche bietet das Buch eine
Menge wichtigen Materials. —■ Eine kurze
kritische Anzeige des Buches mit vielen
Einwendungen gibt P. Maas in der Byz.
Ztschr. 32, S. 395 f. R. S.
673 VOGT, ALBERT, Le theätre ä Byzance et
dans l’Empire duIVe au VIIIe siede. In:
Rev. questions histor. 115, 3. ser. 19,
S. 257—296.
Gleichzeitig mit Frau Cottas und unab-
hängig von ihren Untersuchungen hat Vogt
seine Studien zum byzantinischen Theater
angestellt. Hinsichtlich der Methode macht
seine Arbeit einen zuverlässigeren Eindruck
als die weit ausgreifenden Versuche des ge-
nannten Buches. V. beschränkt sich darauf,

aus der byzantinischen Literatur eine große
Reihe von Zeugnissen über Theaterwesen
zusammenzutragen und danach ein Ge-
samtbild zu entwerfen. Ein Hauptzeuge
bleibt natürlich Johannes Chrysostomus.
Was auf der Bühne geboten wird, ist vor-
wiegend Mimus und Pantomime, das by-
zantinische Bühnenwesen ist „Erbe des
römischen, nicht des griechischen Theaters' ‘;
„il ne pourrait etre question du theätre clas-
sique“. Die Existenz eines profanen lite-
rarischen Theaters ist nicht zu erweisen.
Ob die von V. gern verwendete Heran-
ziehung moderner Verhältnisse („music
hall“, „revue“, „sketch“, „Antiochia—■
Hollywood“) dazu beiträgt, das hypothe-
tische Gesamtbild gewisser zu machen, er-
scheint mir zweifelhaft. R. S.
GOTTWALD, JOSEPH, Das byzantinische 674
Kugelspiel im Kaiser-Friedrich-Museum
zu Berlin. In: Archäol. Anz., Sp. 152 bis
172. 5 Abb.
Das aus dem Ende des 4. oder Anfang
des 5. Jahrh. stammende Denkmal stand
auf dem Hippodrom zu Konstantinopel,
dessen bildnerischer Schmuck uns aus Be-
schreibungen bekannt, aber nur noch in
einem andern Stück (dem Cippus des Por-
phyrios, Museum zu Konstantinopel) er-
halten ist. Es ist ein Marmorblock, in dessen
Vorderseite eine schräg abfallende serpen-
tinenförmige Kugelbahn eingearbeitet ist,
deren genauer Zweck noch unbestimmt
bleibt. Vielleicht wurde es beim Wagen-
rennen zu Wetten gebraucht. Die Reliefs,
die die beiden Seitenflächen und den unte-
ren Rand der Vorderseite schmücken, stel-
len Szenen aus dem Wagenrennen dar, deren
Einzelheiten (Aufhängen eines Vorhanges
zwischen den Säulen des Hippodroms,
Platzbestimmen für die Wagen mittels
Kugelwerfens aus einer Urne, Gewandung
der Wagenlenker, Form der Zielsäulen usw.)
der Vf. durch entsprechende Beschrei-
bungen aus antiken (Porphyrogenitus, Chry-
sostomos) und mittelalterlichen Schrift-
stellern (Psellos, Gonsalez deClavijo) belegt.
G. B.
Byzantinische Musik.
Siehe Nr. 487, 488.
 
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