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https://doi.org/10.11588/diglit.50163#0279
Osteuropa
243
1012 STENDER-PETERSEN, ADOLF, Tra-
goediae sacvae. Materialien und Beiträge
zur Geschichte der polnisch-lateinischen
Jesuitendramatik der Frühzeit. Tartu
(Dorpat). X, 279 S.
Acta et Commentationes Universi-
tatis Tartuensis (Dorpatensis), Bd. 25,1.
Diesen Untersuchungen liegt die bisher
nur wenig beachtete aus Posen stammende
Foliohandschrift der Universitätsbibliothek
Upsala R 380 zugrunde; sie enthält acht
Jesuitendramen, aus denen die drama-
tische Wirksamkeit der Posener Ordens-
schule von 1599—1627 erschlossen werden
kann. Die Dramen sind zum Teil von
Gregorius Cnapius S. J. (1564—1638) ver-
faßt, dem Autor des dreibändigen Thesaurus
polono-latino-graecus (Krakau 1621—32).
Aus dem vorliegenden Material gewinnt
und analysiert der Verf. fünf Typen des
J esuitendramas: das moralisatorische Exem-
peldrama (Philopater), das martyrologische
(Felicitas), in dem der stoische Philosoph
dem Kaiser gegenüber den christlichen
Standpunkt vertritt, das historische (Eutro-
pius, Mauritius, Belisarius), das konfes-
sionspolemische (Franciscus) und dämono-
logische Drama (Odostratocles, Antithe-
mius). Die technisch-stilistischen Analy-
sen und die Prüfung der künstlerischen
Absichten und Mittel sind für unser Pro-
blem äußerst aufschlußreich; denn der
Verf. stellt zum erstenmal den überwiegen-
den Einfluß der zur Formel gewordenen
Technik Senecas auf die dramatische Pro-
duktion der Jesuiten klar heraus; er zeigt
sich in Textreminiszenzen, Entlehnungen,
für die Beispiele angeführt werden, und im
emotional-rhetorischen Ausdrucksstil (Alli-
teration, Anapher, Frage, Ausruf, syntak-
tischer Parallelismus, Sentenzen-Gegen-
überstellung, dialektische und monologische
Technik, Gleichnis, Geistererscheinung und
Götteranrufung). Nur die religiös-päda-
gogische Tendenz und eine starke Betonung
und Beherrschung der realistisch-volkstüm-
lichen Bühnentechnik sind originelle Ele-
mente. Euripides, das Vorbild für strenge
Form, hatte seit Jan Kochanowski an
Einfluß verloren. Die Uneinigkeit in der
aristotelischen Terror-Interpretation schei-
det die jesuitischen Theoretiker in zwei
Parteien für und gegen das Märtyrerdrama,
(Sarbievius, Galluzzi, Delrio dagegen,
Strada, Donati, Pontanus dafür).
R. N.
16*
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1012 STENDER-PETERSEN, ADOLF, Tra-
goediae sacvae. Materialien und Beiträge
zur Geschichte der polnisch-lateinischen
Jesuitendramatik der Frühzeit. Tartu
(Dorpat). X, 279 S.
Acta et Commentationes Universi-
tatis Tartuensis (Dorpatensis), Bd. 25,1.
Diesen Untersuchungen liegt die bisher
nur wenig beachtete aus Posen stammende
Foliohandschrift der Universitätsbibliothek
Upsala R 380 zugrunde; sie enthält acht
Jesuitendramen, aus denen die drama-
tische Wirksamkeit der Posener Ordens-
schule von 1599—1627 erschlossen werden
kann. Die Dramen sind zum Teil von
Gregorius Cnapius S. J. (1564—1638) ver-
faßt, dem Autor des dreibändigen Thesaurus
polono-latino-graecus (Krakau 1621—32).
Aus dem vorliegenden Material gewinnt
und analysiert der Verf. fünf Typen des
J esuitendramas: das moralisatorische Exem-
peldrama (Philopater), das martyrologische
(Felicitas), in dem der stoische Philosoph
dem Kaiser gegenüber den christlichen
Standpunkt vertritt, das historische (Eutro-
pius, Mauritius, Belisarius), das konfes-
sionspolemische (Franciscus) und dämono-
logische Drama (Odostratocles, Antithe-
mius). Die technisch-stilistischen Analy-
sen und die Prüfung der künstlerischen
Absichten und Mittel sind für unser Pro-
blem äußerst aufschlußreich; denn der
Verf. stellt zum erstenmal den überwiegen-
den Einfluß der zur Formel gewordenen
Technik Senecas auf die dramatische Pro-
duktion der Jesuiten klar heraus; er zeigt
sich in Textreminiszenzen, Entlehnungen,
für die Beispiele angeführt werden, und im
emotional-rhetorischen Ausdrucksstil (Alli-
teration, Anapher, Frage, Ausruf, syntak-
tischer Parallelismus, Sentenzen-Gegen-
überstellung, dialektische und monologische
Technik, Gleichnis, Geistererscheinung und
Götteranrufung). Nur die religiös-päda-
gogische Tendenz und eine starke Betonung
und Beherrschung der realistisch-volkstüm-
lichen Bühnentechnik sind originelle Ele-
mente. Euripides, das Vorbild für strenge
Form, hatte seit Jan Kochanowski an
Einfluß verloren. Die Uneinigkeit in der
aristotelischen Terror-Interpretation schei-
det die jesuitischen Theoretiker in zwei
Parteien für und gegen das Märtyrerdrama,
(Sarbievius, Galluzzi, Delrio dagegen,
Strada, Donati, Pontanus dafür).
R. N.
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