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Deutschland
1170 ASTER, ERNST VON, Les aspects princi-
paux de la Philosophie allemande con-
temporaine. In: Rev. metaphys. mor.
38, S. 259—275.
A. bezeichnet den Neukantianismus als
eine Form des Rationalismus, dessen eigent-
licher Ahnherr Parmenides sei. Von Hus-
serls Phänomenologie wird (S. 262) gesagt:
,,on peut dire qu'en son fond eile n’est rien
d’autre qu’un nouveau platonisme“; an
einer anderen Stelle (S. 272) heißt es:
„Dans son ensemble ... la phenomenologie
reprösente un retour ä Aristote et ä. la
scolastique“. Die gleiche Vergröberung des
geschichtlichen Sehens zeigt sich, wenn A.
das Prinzip der materialen Wertethik
Scheiers auf die Formel bringt: ,,Aie tou-
jours le regard dirige sur un monde d’idees
ou d’ideals platoniciens"; wenn er bei
Scheier die Seinsstufen des Neuplatonis-
mus wiederfindet und auch Heideggers
Lehren ihn an die besondere Stellung er-
innern, welche der Neuplatonismus der
Antike wie der der Renaissance dem Men-
schen inmitten des Universums zuerteilten.
Aller Beziehung auf die einmalige histo-
rische Erscheinung beraubt, sinken die
philosophiegeschichtlichen Begriffe zu be-
quemen Etiketten herab, die sich nahezu
an jeden beliebigen Inhalt heften lassen.
Wem historischer Sinn noch nicht völlig
fremd ist, wird in der Anwendung einer
derartigen Nomenklatur für die gegen-
wärtige deutsche Philosophie eine Herab-
würdigung der großen Weltdeutungen der
Vergangenheit erblicken. R. K.
1171 SINGER, KURT, Platon und die euro-
päische Entscheidung. Hamburg: Saucke.
38 s.
,,Es ist allen schöpferischen Epochen
des Menschen eigen, daß sie die Zukunft
schaffen, indem sie sich zurückzuwenden
scheinen.“ Die Forderung „dem Chaos
das einbricht, eine neue geistige Tat ent-
gegenzusetzen“, wird daher zur Forderung
einer Rückbesinnung auf Platon, die, be-
glaubigt durch die „leibhafte Gegenwart
eines zweiten Erneuerers“ (Stefan George),
sich auf das von Heinrich Friedemann
(„Platon: Seine Gestalt“, 1914) entworfene,
vom Verf. selbst („Platon: Der Grün-
der“, 1927) näher durchgeführte Platonbild
beruft, um sich mit Paul Valerys Betrach-
tungen über die Krisis des europäischen

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Geistes auseinanderzusetzen. Diesen wird
vorgeworfen, daß in ihrer Genealogie
Europas „so gut wie alles fehlt, was älter
ist als das vierte vorchristliche Jahr-
hundert“. Die Trennung der Geister soll
aber so erfolgen, daß „die einen Bindung
und Lösung im humanistisch-christlichen
Bereich des Cäsar und des Paulus, des
Virgil und des Archimedes suchen; die
anderen durchstoßen durch diesen Bezirk
des Bewahrens zum urtümlichen, tötend-
belebenden Zauber der griechischen Grund-
kräfte : — aber hat Platon an der Schwelle
der Zeiten im Geist geborgen.“
E. W.
B. ANTIHUMANISTISCHE
TENDENZEN
MÜLLER, GÜNTHER, Der Humanist und 1172
der Kosmiker. In: Zs. dt. Bildung 7,
S. 57—60.
Wesen des Humanisten ist die Bejahung
des durch Vernunft und Willen geformten
Ich und seine Behauptung in einer als
Chaos empfundenen Welt; sein Ideal ist die
auf „Konvention“ im weitesten Sinne be-
ruhende Gesellschaft. Der Kosmiker sucht
dagegen Hingabe des Ich, das er als Teil
einer als Organismus empfundenen Welt
fühlt, er strebt nicht nach Gesellschaft
sondern nach unmittelbarer Gemeinschaft,
und auch diese ist nur Durchgangsstufe zu
einer übergreifenden Einheit mit dem
Weltganzen. — Der Autor selbst verkennt
nicht, daß der Wert eines solchen verall-
gemeinernden Gebrauchs antithetischer
Begriffe sehr problematisch ist. L. L.
BREYSIG, KURT, Die Geschichte der 1173
Seele im Werdegang der Menschheit. Bres-
lau: Marcus. XXXVII, 526 S.
Im Zusammenhang seiner Darlegungen
über den „Verstand als herrschende Seelen-
kraft in der neueren Zeit“ unternimmt B. es,
den „Humanismus . . . des Glorienscheins
zu entkleiden, in den ihn eine seltsam ge-
dankenlose, alte Ruhmesformel immer
von neuem nachbetende Überlieferung noch
heute hüllt". Humanismus und Reforma-
tion — die B. als Tilgung der „Zutaten, mit
denen die germanische Weise des Mittel-
alters das Christentum umhüllt hatte",
und also als Restitution antik-christlicher
„verstandesmäßiger" Religiosität ansieht —
 
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