Über die lat.-rom. Elemente im Wortschatz der nassauischen Mundarten. 127
zu bezeichnen, verloren und gelten schlechthin als Schimpfnamen.'10) Uns
interessieren die folgenden Ausdrücke; es sind dies Namen, die entweder sehr
selten oder sehr häufig sind: K. 62: Bartholomäus )> Bartel „einfältiger
Mensch“. — K. 380: Caspar in Sparrekasper „Narr“. — K. 386:
Eustachius )> Staches „blödsinniger Mensch“. — K. 186: Johannes )>
Hanse], „närrischer Mensch“. — K. Anhang 26: Jonas ~^> Jones (Rennerod)
„Einfaltspinsel“. — K. 100: Pamphilius )> Bamfilius, Bumfilius (Hadamar)
„Einfaltspmsel“ (nicht < lat. bonus filius, wie Kehrein annimmt). — K. 265:
Philippus > Lipps, „Einfaltspinsel“. — K. 300: Ursula )> Urschel, Orschel =
Scheltwort für eine einfältige Weibsperson.
Der frz. Vorname Louis erlitt eine ähnliche Bedeutungsentwicklung; er
dient zur Bezeichnung des Zuhälters (vgl. frz. Alphonse).
Auch Nachnamen von Personen, die irgendwo dem Volke im Guten
oder im Bösen aufgefallen waren, hatten das gleiche Schicksal. So hört man
an der unteren Lahn bisweilen als Schimpfwort den Ausdruck Uscherö.
Wahrscheinlich ist dies der Name des frz. Generals Augereau, der im Jahre
1800 mit der sogen. „Batavischen Armee“ das Gebiet zwischen Sieg und Main
okkupierte. (Vgl. C. Spielmann, Gesch. von Nassau, Bd. I, S. 244.)40 4I)
Hier seien auch die beiden folgenden Worte erwähnt: K. 202: Hospes
« lat. hospes) „unerfahrener, alberner Mensch“ (Ems). Das Wort ent-
stammt der Studentensprache und bezeichnete dort (so in Göttingen 1746), wie
noch heute in Westfalen, den Hauswirt. (Vgl. 0. Weise, Ästhetik der deutschen
Sprache 1905, S. 82.) Dass sich aus dieser Bezeichnung für den oft mit der
Miete Vertrösteten, vielleicht gar Geprellten die Bedeutung' „unerfahrener,
alberner Mensch“ entwickeln konnte, ist begreiflich. (Beachte aber auch die
klass.-lat. Bedeutung des Wortes: „in etwas unerfahren.“ — Kehreins Angabe, das
Wort bedeute nur „alberner Mensch“, ist nicht vollständig.) — Kiwi, „sonder-
barer oder närrischer Mensch“ (Ems) ist (nach 0. Weise, Unsere Mundarten,
1910, S. 143; Leithäuser 11, 15) entstanden aus frz. qui vive! „Halt, wer dal“,
das ursprünglich und noch heute in einigen deutschen Mundarten den Fran-
zosen bezeichnet.
§34- Anhang. Bei einigen Worten ist eine innere Beziehung zwischen der ur-
sprünglichen und der heutigen mundartlichen Bedeutung kaum zu erkennen. Dies kommt
wahrscheinlich daher, weil uns nur das erste und das letzte Glied in der Kette der
40) Über Eigennamen als Gattungsnamen vgl. Behaghel, Zeitsehr. d. Allg. D.
Sprachvereins XVIII (1903), Sp. 75—96. — Gust. Krüger, Eigennamen als Gattungsnamen,
Berliner Progr. 1891. — Meisinger, Zeitschr. f. d. Mundarten, Jahrg. 1905, S. 84. — Meisinger,
Die Appellativnamen in den hd. Mundarten, Lörracher Progr. 1904. — Albrecht, Leipziger
Mundart 1881, § 166 b, 8. 36—40. — Münz, Taufnamen als Gattungsnamen in sprichwörtlichen
Redensarten Nassaus. Annalen Bd. X (1870), 8. 88—113.
41) Eine ähnliche Bedeutungsentwicklung hat bekanntlich in manchen Gegenden der
Name des französischen Generals Melae, des Zerstörers des Heidelberger Schlosses, durch-
gemacht. (Vgl. Meisinger a. a. O. (Progr.) S;. 19. Vilmar 267.) — Ph. Keiper möchte auch
unsern Hundenamen Tiras, den man im allgemeinen aus dem Griechischen ableitet, dem
Namen des französischen Generals Duras gleichsetzen (Pfälzisches Museum, Bd. 27
(1910) 8, 167).
zu bezeichnen, verloren und gelten schlechthin als Schimpfnamen.'10) Uns
interessieren die folgenden Ausdrücke; es sind dies Namen, die entweder sehr
selten oder sehr häufig sind: K. 62: Bartholomäus )> Bartel „einfältiger
Mensch“. — K. 380: Caspar in Sparrekasper „Narr“. — K. 386:
Eustachius )> Staches „blödsinniger Mensch“. — K. 186: Johannes )>
Hanse], „närrischer Mensch“. — K. Anhang 26: Jonas ~^> Jones (Rennerod)
„Einfaltspinsel“. — K. 100: Pamphilius )> Bamfilius, Bumfilius (Hadamar)
„Einfaltspmsel“ (nicht < lat. bonus filius, wie Kehrein annimmt). — K. 265:
Philippus > Lipps, „Einfaltspinsel“. — K. 300: Ursula )> Urschel, Orschel =
Scheltwort für eine einfältige Weibsperson.
Der frz. Vorname Louis erlitt eine ähnliche Bedeutungsentwicklung; er
dient zur Bezeichnung des Zuhälters (vgl. frz. Alphonse).
Auch Nachnamen von Personen, die irgendwo dem Volke im Guten
oder im Bösen aufgefallen waren, hatten das gleiche Schicksal. So hört man
an der unteren Lahn bisweilen als Schimpfwort den Ausdruck Uscherö.
Wahrscheinlich ist dies der Name des frz. Generals Augereau, der im Jahre
1800 mit der sogen. „Batavischen Armee“ das Gebiet zwischen Sieg und Main
okkupierte. (Vgl. C. Spielmann, Gesch. von Nassau, Bd. I, S. 244.)40 4I)
Hier seien auch die beiden folgenden Worte erwähnt: K. 202: Hospes
« lat. hospes) „unerfahrener, alberner Mensch“ (Ems). Das Wort ent-
stammt der Studentensprache und bezeichnete dort (so in Göttingen 1746), wie
noch heute in Westfalen, den Hauswirt. (Vgl. 0. Weise, Ästhetik der deutschen
Sprache 1905, S. 82.) Dass sich aus dieser Bezeichnung für den oft mit der
Miete Vertrösteten, vielleicht gar Geprellten die Bedeutung' „unerfahrener,
alberner Mensch“ entwickeln konnte, ist begreiflich. (Beachte aber auch die
klass.-lat. Bedeutung des Wortes: „in etwas unerfahren.“ — Kehreins Angabe, das
Wort bedeute nur „alberner Mensch“, ist nicht vollständig.) — Kiwi, „sonder-
barer oder närrischer Mensch“ (Ems) ist (nach 0. Weise, Unsere Mundarten,
1910, S. 143; Leithäuser 11, 15) entstanden aus frz. qui vive! „Halt, wer dal“,
das ursprünglich und noch heute in einigen deutschen Mundarten den Fran-
zosen bezeichnet.
§34- Anhang. Bei einigen Worten ist eine innere Beziehung zwischen der ur-
sprünglichen und der heutigen mundartlichen Bedeutung kaum zu erkennen. Dies kommt
wahrscheinlich daher, weil uns nur das erste und das letzte Glied in der Kette der
40) Über Eigennamen als Gattungsnamen vgl. Behaghel, Zeitsehr. d. Allg. D.
Sprachvereins XVIII (1903), Sp. 75—96. — Gust. Krüger, Eigennamen als Gattungsnamen,
Berliner Progr. 1891. — Meisinger, Zeitschr. f. d. Mundarten, Jahrg. 1905, S. 84. — Meisinger,
Die Appellativnamen in den hd. Mundarten, Lörracher Progr. 1904. — Albrecht, Leipziger
Mundart 1881, § 166 b, 8. 36—40. — Münz, Taufnamen als Gattungsnamen in sprichwörtlichen
Redensarten Nassaus. Annalen Bd. X (1870), 8. 88—113.
41) Eine ähnliche Bedeutungsentwicklung hat bekanntlich in manchen Gegenden der
Name des französischen Generals Melae, des Zerstörers des Heidelberger Schlosses, durch-
gemacht. (Vgl. Meisinger a. a. O. (Progr.) S;. 19. Vilmar 267.) — Ph. Keiper möchte auch
unsern Hundenamen Tiras, den man im allgemeinen aus dem Griechischen ableitet, dem
Namen des französischen Generals Duras gleichsetzen (Pfälzisches Museum, Bd. 27
(1910) 8, 167).