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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 42.1913(1914)

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Brenner, Eduard: Eine neu aufgefundene vorromanische Skulptur aus dem Rheingau
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https://doi.org/10.11588/diglit.55174#0138
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Eine neu aufgefundene vorromanische Skulptur
aus dem Rheingau.
Von
E. Brenner.
(Mit einer Abbildung im Text.)

Der in Abb. 1 abgebildete Türsturz wurde Ende September 1913 vom
nassauischen Landesmuseum angokauft. Er war zuletzt über der Tür des Pferde-
stalls des Gastwirts Heinrich Ober in Geisenheim eingemauert, befand sich
also längst nicht mehr an ursprünglicher Stelle. Der bisherige Besitzer ver-
mochte nur anzugeben, dass der Stein von jeher da gewesen sei; da der frag-
liche Pferdestall aber kein sehr alter Bau ist, wird die genauere Herkunft kaum
mehr festzustellen sein. Immerhin schliesst schon das hohe Gewicht des Steines
aus, dass er zu seiner letzten, doch recht untergeordneten Verwendung allzuweit
her befördert worden sein könnte; er wird also, wenn nicht aus Geisenheim
selbst, so doch aus der allernächsten Umgebung stammen. — Über der Stalltür
war er der Nähe der Hausecke wegen verschoben eingemauert; das rechte Ende
stand etwa doppelt so weit über als das linke; die Spur dieser verschobenen
Einmauerung ist an der Unterkante in Gestalt des modern in der Weite der
Stalltür ausgemeisselten Türanschlags erhalten, der entsprechend nach links
gerückt ist (s. Abb. 1). Zum Glück hat diese moderne Behandlung die
Skulptur selbst nicht wesentlich beschädigt, ebensowenig zwei kleine Aus-
meisselungen an den oberen Ecken.
Der Stein ist 1,88 m lang, in der Mitte 0,57 m, an den Seiten 0,42 m
hoch; die grösste Dicke beträgt 0,31 m. Das Material ist gelber, durch die
Zeit sehr hart gewordener Sandstein, der durch vielfache Anstriche auf der
Vorderseite nahezu die Farbe roten Sandsteins erhalten hat.
Den Mittelpunkt der Darstellung nimmt eine sehr roh gearbeitete Kreuzigungs-
gruppe ein. Der Crucifixus selbst steht ohne Suppedaneum auf dem Boden;
die ganze Figur ist ohne Details gehalten, nur die Finger der sehr grossen
Hände sind ausgearbeitet und die Augen, der Mund, wie die Nägel in den
Händen durch eingebohrte Löcher angedeutet. Die Beine sind stark beschädigt,
namentlich das linke ist vom Oberschenkel an abgesprengt. Ob die Darstellung
den bärtigen oder den unbärtigen Typus wiederzugeben beabsichtigt, ist nicht
 
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