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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 42.1913(1914)

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Brenner, Eduard: Eine neu aufgefundene vorromanische Skulptur aus dem Rheingau
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.55174#0139
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Eine neu aufgefundene vorromanische Skulptur aus dem Rheingau.

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Abb. 1. Türsturz aus Geisenheim.

zu entscheiden. Das Kreuz ist nicht angedeutet, sondern durch die Figur ver-
deckt zu denken.
Zu beiden Seiten des Gekreuzigten stehen die vierarmigen Schächer-
kreuze, so klein, dass sie unter dessen Armen Platz finden; der Kreuzbaum
ist am Kopf- und Fussende ausladend gebildet, während der Querbalken beider-
seits gerade ausläuft. Die Schächer selbst sind nicht dargestellt; kleine Aus-
bohrungen im Schnittpunkt der Kreuzachsen lassen es als möglich erscheinen,
dass hier einmal kleine Figuren angebracht waren; das könnte aber recht wohl
eine nachträgliche Zutat gewesen sein.
Ausserhalb der die Mittelgruppe umgebenden Einfassungslinie huldigt nun
der Künstler dem schon in der Merowingerzeit hoch entwickelten germanischen
Streben nach möglichst dichter Ausfüllung der Fläche; dabei nimmt er es mit
Massen und Symmetrie nicht eben genau. Das giebelförmige Band, das den
ganzen Balken nochmals in drei Felder teilt, ist auf der einen Seite mit flach
auf Grund gesetzten, auf der andern mit bloss umrissenen Rauten verziert; zu
Häupten des Crucifixus stehen ebenfalls ganz unsymmetrisch ein paar geometrische
Gebilde, in denen auch mit einiger Phantasie nicht Sonne und Mond zu er-
kennen sind, die sonst wohl an dieser Stelle stehen; die Halbbogen über der
Basis sind ungleich hoch geraten, auch die „Räder“ beiderseits der Kreuzigungs-
gruppe stehen verschieden hoch, so dass allerlei Hilfsmittelchen zur Ausfüllung
der umgebenden freien Flächen nötig werden; zu diesen gehören u. a. die kleinen
schraffierten Rechtecke, die auf'den ersten Blick fast an römische Ziegelstempel
erinnern, aber keinerlei Schriftzeichen enthalten. Auch die Füllung der beiden
dreieckigen Felder über dem Giebeldreieck ist ungleichmässig ausgeführt.
In den Vertiefungen der Skulptur sehr fest haftende Reste eines zinnober-
roten Anstrichs deuten auf frühere Bemalung hin; freilich scheint dies nicht
die ursprüngliche gewesen zu sein, da die Farbe auch über die Bruchstelle des
 
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