DOI Artikel:
Kobelt, Wilhelm: Beiträge zur Geschichte des Dorfes Schwanheim (Main)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.55174#0153
Beiträge zur
Geschichte des Dorfes Schwanheim (Main).
Von
W. Hobelt.
In den nachfolgenden Blättern beabsichtige ich, die Entwicklung eines
Dorfes, und zwar die innere Entwicklung vom Anfang des vorigen Jahrhunderts
an zu schildern, an einer Periode, welche von den Chronisten gewöhnlich äusser
acht gelassen wird, „weil sie ja nichts Interessantes bietet“. Ich bin in dieser
Hinsicht anderer Ansicht und meine, dass es kaum ein interessanteres Thema
gibt, als die Entwicklung eines deutschen Gemeinwesens, das von seiner Gründung
vor mehr als dreizehnhundert Jahren an von fremden Einflüssen kaum berührt,
in friedlicher Abgeschiedenheit gelegen hat und sich nun auf einmal den Ein-
wirkungen moderner Ideen und eines modernen Staatswesens ausgesetzt sieht,
wie es eine seiner Eigentümlichkeiten nach der andern verliert, wie es in immer
engere Verbindung mit der „Stadt“ tritt und durch das Wachstum der chemischen
Industrie auf dem anderen Mainufer immer mehr zum Arbeiterdorf wird, so dass
schliesslich auch der Bauer zum Arbeiter und Unternehmer wird, der freilich
noch mit Wagen und Pferd und Pflug arbeitet und wie es schliesslich, wenn
auch noch nicht offiziell, so doch tatsächlich zu einem Teile Gross-Frankfurts wird.
Ich habe mich mit der Entwicklung des Dorfes, zu dessen Bewohnern ich
nun seit anderthalb Menschenaltern gehöre, an der Hand der Gemeinderechnungen
schon mehrfach beschäftigt, habe auch in meiner Zusammenstellung seiner Flur-
und Gewannnamen1) eine Übersicht der älteren Geschichte und eine kurze Be-
schreibung der Gemarkung gegeben, brauche hier also auf die ältere Zeit nicht
weiter einzugehen. Hier möchte ich an der Hand unseres Gemeindearchivs, der
Rechnungen und Kataster eine Übersicht über den Zeitraum von 1800 bis 1849
geben, nach Vorträgen, welche ich im hiesigen Ausschuss für Volks Vorlesungen
gehalten, und Artikeln, welche ich in der Schwanheimer Zeitung veröffentlicht
habe. Das halbe Jahrhundert, das ich hier behandle, scheidet sich naturgemäss
in drei oder wenn man will, vier Abschnitte: die letzte Mainzer Zeit, der Über-
*) In: Annalen d. Ver. für Nass. Altertumskunde und Geschichtsforschung Bd. XXXIX
(1909), 8, 173—217).,
10*
Geschichte des Dorfes Schwanheim (Main).
Von
W. Hobelt.
In den nachfolgenden Blättern beabsichtige ich, die Entwicklung eines
Dorfes, und zwar die innere Entwicklung vom Anfang des vorigen Jahrhunderts
an zu schildern, an einer Periode, welche von den Chronisten gewöhnlich äusser
acht gelassen wird, „weil sie ja nichts Interessantes bietet“. Ich bin in dieser
Hinsicht anderer Ansicht und meine, dass es kaum ein interessanteres Thema
gibt, als die Entwicklung eines deutschen Gemeinwesens, das von seiner Gründung
vor mehr als dreizehnhundert Jahren an von fremden Einflüssen kaum berührt,
in friedlicher Abgeschiedenheit gelegen hat und sich nun auf einmal den Ein-
wirkungen moderner Ideen und eines modernen Staatswesens ausgesetzt sieht,
wie es eine seiner Eigentümlichkeiten nach der andern verliert, wie es in immer
engere Verbindung mit der „Stadt“ tritt und durch das Wachstum der chemischen
Industrie auf dem anderen Mainufer immer mehr zum Arbeiterdorf wird, so dass
schliesslich auch der Bauer zum Arbeiter und Unternehmer wird, der freilich
noch mit Wagen und Pferd und Pflug arbeitet und wie es schliesslich, wenn
auch noch nicht offiziell, so doch tatsächlich zu einem Teile Gross-Frankfurts wird.
Ich habe mich mit der Entwicklung des Dorfes, zu dessen Bewohnern ich
nun seit anderthalb Menschenaltern gehöre, an der Hand der Gemeinderechnungen
schon mehrfach beschäftigt, habe auch in meiner Zusammenstellung seiner Flur-
und Gewannnamen1) eine Übersicht der älteren Geschichte und eine kurze Be-
schreibung der Gemarkung gegeben, brauche hier also auf die ältere Zeit nicht
weiter einzugehen. Hier möchte ich an der Hand unseres Gemeindearchivs, der
Rechnungen und Kataster eine Übersicht über den Zeitraum von 1800 bis 1849
geben, nach Vorträgen, welche ich im hiesigen Ausschuss für Volks Vorlesungen
gehalten, und Artikeln, welche ich in der Schwanheimer Zeitung veröffentlicht
habe. Das halbe Jahrhundert, das ich hier behandle, scheidet sich naturgemäss
in drei oder wenn man will, vier Abschnitte: die letzte Mainzer Zeit, der Über-
*) In: Annalen d. Ver. für Nass. Altertumskunde und Geschichtsforschung Bd. XXXIX
(1909), 8, 173—217).,
10*