Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Novensia: Studia i Materiały — 10.1998

DOI Artikel:
Tejral, Jaroslav: Die römischen Militäraktionen und Romanisierungsprozesse im Vorfeld der norisch-pannonischen Donaugrenze im Spiegel des neuen archäologischen Befundes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41276#0138

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
136

Die unmittelbare Wirkung Roms auf die Regelung der politischen Verhaltnisse
bei den Donaugermanen im 1. Jh. ergibt sich aus den Uberlieferungen von Tacitus
uber eine Unterordnung der suebischen Konige und iiber ihre Einsetzung nach dem
Willen Roms (Tac. Germ. 42), ja wir erfahren sogar, daB die suebischen Herrscher
Italicus und Sido an den Nachfolgerschaftskampfen um den Kaiserthron auf der
Seite von Vespasianus teilnahmen. Allein der Name Italicus bezeugt, daB es sich
um eine Person handelte, die schon einer gewissen Romanisierung unterlag (Tac.
Hist. III, 5, 21).
Die Ansichten iiber das direkte, dauerhaftere FuBfassen der romischen Armee im
Gebiet der Donausueben gehen jedoch in der historischen und archaologischen
Literatur auseinander. Historischen Uberlieferungen nach kommen fur den ro-
mischen militarischen Einsatz im Barbarenland mindestents drei geschichtliche
Ereignisse in Frage. Erstens ist es der rómische Feldzug gegen Marbod im Jahre
6 n.Chr.4 Damals wurde Carnuntum ein Ausgangspunkt des Zangenangriffes der
Ostarmee, die unter dem Befehlshaber Tiberius in nórdliche Richtung vorriickte.
Die kurze Dauer dieser Aktion, die infolge einer Revolte der pannonisch-dalma-
tischen Stamme eingestellt werden muBte, laBt jedoch keine tieferen Spuren im
archaologischen Befund zuriick. Da die bisherigen archaologischen Untersuchungen
keinen einzigen Anhaltspunkt fiir die Existenz eines spataugusteischen Lagers in
Carnuntum erbringen konnten, schlieBen einige Autoren ais These sogar nicht aus,
daB die gesamte Aktion der Romer wohl nur ais Vorbereitung verstanden werden
darf5.
Die zweite Móglichkeit ergab sich durch die domitianischen suebischen Kriege.
Es kam zu einem offenen KriegszusammenstoB und zu Einfallen im Gebiet der
Provinzen. Ais Hauptgegner der Romer werden auBer Quaden und Sarmaten die
Markomannen an erster Stelle genannt. Daraus folgt, daB wenigstens ein Teil dieses
Stammes schon feste Siedlungen gerade nórdlich der mittleren Donau einnahm,
von wo aus er an den Einfallen in die Pannonia teilnahm6. Ab dem flavischen Zeit-
abschnitt wird der Donaulimes durch die Anlage der wichtigsten Lager zur be-
festigten Grenze ausgebaut. Die Hauptrolle des militarischen und zivilisatorischen
Ausfalltores Roms fiel dabei von Anfang an Carnuntum zu.
Es hat den Anschein, daB es besonders nach der Beendigung der suebischen
Kriege, spatestens unter Kaiser Nerva, zur Erneuerung des Abhangigkeitsverhalt-
nisses der suebischen Stamme kam, bei denen Konige ex auctoritate romana
weiterhin eingesetzt wurden, und dadurch die Entwicklung der nórdlicheren germa-
nischen Regionen schneller voranging, wobei sich vor allem die hiesige Fuhrungs-
schicht den neuen antiken Anregungen óffnete. Am anschaulichsten lassen sich
diese Prozesse am Beispiel der Inventare einer Gruppe der germanischen reichen
Graber verfolgen, die um 100 n.Chr. und wahrend der ersten Halfie des 2. Jhs. im
Gebiet nórdlich von Vindobona und Carnuntum beigesetzt wurden und gewisse
Affmitaten mit einigen, sich auf pannonischem Boden befmdlichen, provinzial-
rómischen Bestattungen aufweisen. AuBer den Fiirstengrabern von Yysoka und
 
Annotationen