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JÜRGEN OLDENSTEIN
keinen Anlaß zur Verwunderung, da es beim römischen Militär üblich war, nicht mehr
genutzte Militäranlagen nach Abzug unbrauchbar zu machen. Interessanter ist da schon die
Tatsache, daß sich wohl nicht allzulange nach den Zerstörungen wieder eine Gruppe einrich-
tete, deren Bauhinterlassenschaften einen eher militärischen als zivilen Eindruck machen.
Die Reste der Periode 2 wurden mit einer bis zu 50 cm starken Lößschicht überplaniert,
und vor den Kasernen entstand eine dichte Barackenbesiedlung. Die Baracken bestanden aus
Fachwerk und waren mit Ziegeln gedeckt. Sie verfügten über porticus, die zum Teil mit den
Porticusfronten zueinander orientiert gewesen sind35.
Im Bereich der alten Kasernen wurde in unserem Grabungsareal eine fabrica errichtet, in
welcher Altmetall und Altglas verarbeitet worden sind36.
Der in der zweiten Periode abgebrannte Bau südlich hinter dem Westtor wurde bis zu
75 cm Höhe mit Löß überplaniert37.
Das Osttor des Kastells wurde zugemauert, und im Bereich des Osttores errichtete man
eine Mauer, von der sich jedoch nur ein kleines Stück erhalten hat38.
Innerhalb des Großgebäudes entstand nun eine einfache Saalkirche39. Eine Kirche wurde
wegen anderer christlicher Funde in Alzey immer vermutet. Wegen vieler im Fundament
eingebauter Spolien sah Böhner schon in der ersten Periode des Großbaues in der Nordost-
ecke die postulierte Kirche. Wenn man in Alzey aber einen Bau mit relativer Gewißheit als
spätantike Kirche ansprechen kann, so den der dritten Phase des Großbaues, der gleichzeitig
die erste Periode der frühmittelalterlichen darstellt, die bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts als
Friedhofskapelle genutzt worden ist. Von den drei zur Verfügung stehenden Grundrissen des
Großbaues verfügt alleine der jüngste über die klassiche Kirchenform einer spätantiken
Kastellkirche.
In den alten Grabungsbefunden läßt sich eine Reihe von Beobachtungen namhaft machen,
für die der Verdacht naheliegt, daß sie ebenfalls der dritten Periode zugerechnet werden
müssen. Die einzelnen Befunde ergeben zwar kein abgerundetes Bild, reichen aber aus, um für
die Innenfläche des Kastells eine recht dichte und unregelmäßige Bebauung anzunehmen.
Die dritte Periode ging ebenfalls in einem Feuer unter. Diese Zerstörung kann aufgrund
des Fundmaterials um die Mitte des 5. Jahrhunderts, vielleicht sogar etwas später angesetzt
werden. Nach dieser Zerstörung gibt es kaum noch Hinweise für eine dauerhafte Besiedlung
innerhalb der vier Kastellmauern. Die germanische Besiedlung erfolgte im 6. Jahrhundert in
der Selzniederung40.
Vergleicht man die Bebauung der zweiten Periode mit derjenigen der ersten und dritten
Phase, so fällt auf, daß sie im Vergleich mit der ersten wesentlich unfachmännischer ausgeführt
ist und daß die Dachbedeckung der Fachwerkhäuser im Gegensatz zur dritten Periode mit
organischen Materialien gedeckt gewesen sind. Dies ist verwunderlich, da nach der ersten
Zerstörung verhältnismäßig viel Altmaterial vorhanden gewesen sein muß.
35 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 12.
36 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 11.
37 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 14.
38 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 14, 15.
39 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 13.
40 K. Böhner, Vom Römerkastell zu Hof, Burg und Stadt, in: K.-F. Becker (Hg.), 1750 Jahre Alzey,
Alzey 1973, S. 61 ff.
JÜRGEN OLDENSTEIN
keinen Anlaß zur Verwunderung, da es beim römischen Militär üblich war, nicht mehr
genutzte Militäranlagen nach Abzug unbrauchbar zu machen. Interessanter ist da schon die
Tatsache, daß sich wohl nicht allzulange nach den Zerstörungen wieder eine Gruppe einrich-
tete, deren Bauhinterlassenschaften einen eher militärischen als zivilen Eindruck machen.
Die Reste der Periode 2 wurden mit einer bis zu 50 cm starken Lößschicht überplaniert,
und vor den Kasernen entstand eine dichte Barackenbesiedlung. Die Baracken bestanden aus
Fachwerk und waren mit Ziegeln gedeckt. Sie verfügten über porticus, die zum Teil mit den
Porticusfronten zueinander orientiert gewesen sind35.
Im Bereich der alten Kasernen wurde in unserem Grabungsareal eine fabrica errichtet, in
welcher Altmetall und Altglas verarbeitet worden sind36.
Der in der zweiten Periode abgebrannte Bau südlich hinter dem Westtor wurde bis zu
75 cm Höhe mit Löß überplaniert37.
Das Osttor des Kastells wurde zugemauert, und im Bereich des Osttores errichtete man
eine Mauer, von der sich jedoch nur ein kleines Stück erhalten hat38.
Innerhalb des Großgebäudes entstand nun eine einfache Saalkirche39. Eine Kirche wurde
wegen anderer christlicher Funde in Alzey immer vermutet. Wegen vieler im Fundament
eingebauter Spolien sah Böhner schon in der ersten Periode des Großbaues in der Nordost-
ecke die postulierte Kirche. Wenn man in Alzey aber einen Bau mit relativer Gewißheit als
spätantike Kirche ansprechen kann, so den der dritten Phase des Großbaues, der gleichzeitig
die erste Periode der frühmittelalterlichen darstellt, die bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts als
Friedhofskapelle genutzt worden ist. Von den drei zur Verfügung stehenden Grundrissen des
Großbaues verfügt alleine der jüngste über die klassiche Kirchenform einer spätantiken
Kastellkirche.
In den alten Grabungsbefunden läßt sich eine Reihe von Beobachtungen namhaft machen,
für die der Verdacht naheliegt, daß sie ebenfalls der dritten Periode zugerechnet werden
müssen. Die einzelnen Befunde ergeben zwar kein abgerundetes Bild, reichen aber aus, um für
die Innenfläche des Kastells eine recht dichte und unregelmäßige Bebauung anzunehmen.
Die dritte Periode ging ebenfalls in einem Feuer unter. Diese Zerstörung kann aufgrund
des Fundmaterials um die Mitte des 5. Jahrhunderts, vielleicht sogar etwas später angesetzt
werden. Nach dieser Zerstörung gibt es kaum noch Hinweise für eine dauerhafte Besiedlung
innerhalb der vier Kastellmauern. Die germanische Besiedlung erfolgte im 6. Jahrhundert in
der Selzniederung40.
Vergleicht man die Bebauung der zweiten Periode mit derjenigen der ersten und dritten
Phase, so fällt auf, daß sie im Vergleich mit der ersten wesentlich unfachmännischer ausgeführt
ist und daß die Dachbedeckung der Fachwerkhäuser im Gegensatz zur dritten Periode mit
organischen Materialien gedeckt gewesen sind. Dies ist verwunderlich, da nach der ersten
Zerstörung verhältnismäßig viel Altmaterial vorhanden gewesen sein muß.
35 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 12.
36 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 11.
37 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 14.
38 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 14, 15.
39 Vgl. dazu S. 81 Periode III Nr. 13.
40 K. Böhner, Vom Römerkastell zu Hof, Burg und Stadt, in: K.-F. Becker (Hg.), 1750 Jahre Alzey,
Alzey 1973, S. 61 ff.