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Schwarzmaier, Hansmartin [Hrsg.]; Krüger, Jürgen [Hrsg.]; Krimm, Konrad [Hrsg.]
Das Mittelalterbild des 19. Jahrhunderts am Oberrhein — Oberrheinische Studien, Band 22: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2004

DOI Artikel:
Meier, Nikolaus: Das Mittelalter im Phantasiehaushalt der Stadt Basel
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https://doi.org/10.11588/diglit.52739#0205
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Das Mittelalter im Phantasiehaushalt der Stadt Basel

VON NIKOLAUS MEIER

Wahrnehmung und Gestaltung von »Mittelalter«
Der Begriff »Phantasiehaushalt« ist ähnlich gebildet wie der Begriff »Staatshaushalt«. So
wie dieser das Gesamt der materiellen Mittel einer staatlichen Gemeinschaft meint, so
meint das Komposit »Phantasiehaushalt« das freilich schwerer umschreibbare Gesamt
all jener Mittel, etwa auch der produktiven, gestaltenden Phantasie, womit eine Sozietät
auf die rezeptive Phantasie ihrer Einwohnerinnen und Einwohner wirken will, etwa mit
literarischen und wissenschaftlichen historischen Darstellungen und sogenannten wis-
senschaftlichen Illustrationen, vor allem aber mit den Werken der Bildenden Kunst, der
Architektur und mit Denkmälern, worauf im Folgenden das Augenmerk gerichtet sein
soll.
Hier sei noch vorneweg betont, daß der Begriff »Stadt Basel« zwar der ersten Orien-
tierung dienen mag, aber zu pauschal ist, denn im gesellschaftlichen Gefüge einer Stadt
handeln einzelne Persönlichkeiten, vor allem aber Gruppen, die eigene Identitäten bilden
und unter sich bisweilen different sind. Das zeigt sich bei den folgenden ausgewählten Bei-
spielen darin, wie verschieden das Mittelalter, einzelne Geschichten und Figuren von
staatlichen und kirchlichen Institutionen der Stadt Basel, aber auch von Privaten darge-
stellt und genutzt wurden. Also verschiedene »Bilder des Mittelalters«!
Vom Primat der Philologie zur Anschauung
Die Bereitschaft, in der Überlieferung neben dem sprachlichen Archiv auch dem Bild-
haften Eigenständigkeit anzuerkennen, also in der religiösen Erfahrung wie in der Kul-
tur der Wissensvermittlung bildlichen Darstellungen Bedeutung beizumessen, begann in
Basel wie andernorts auch etwa nach der Mitte des 18. Jahrhunderts zu wachsen, als der
Primat von der Philologie zur Anschauung wechselte, als die »instruction de la parole«
der »langue energique des monuments« wich1. Eine erste Ankündigung dieses Wechsels
findet sich in der Stadt beim Gelehrten, Mediziner und Antiquaren Charles Patin
(1633-1693). Er weilte für seine Münzforschungen vom Frühjahr 1673 bis zum Sommer

1 Dazu F. Haskell, Die Geschichte und ihre Bilder, München 1995; B. M. Stafford, Good loo-
king. Essays on the virtue of Images, Cambridge (Ma.)/London 1996; D. Baxmann, Wissen, Kunst,
Gesellschaft in der Theorie Condorcets, Stuttgart 1999. - Für Anregung und Hilfe danke ich Frau
Angelika Pauletto, Frau Isabel Fluri und Herrn Philipp Müller.
 
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