Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 9.1906

DOI Artikel:
Reisch, Emil: Kalamis
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34747#0209

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
199

Kalamis.
Für die Zeitbestimmung des Künstlers Kalamis pdegt man von der Tat-
sache auszugehen, daß Kalamis an einer von Hieron I geweihten, aber erst nach
467 vollendeten Statuengruppe in Olympia zusammen mit Onatas beschäftigt
war (Paus. VI 12, 1). Mit dem so gewonnenen Datum 470/465 sucht man alle
sonstigen Angaben über die Werke des Kalamis in Übereinstimmung zu bringen,
um dann die gesamten Nachrichten zu dem Bilde einer einheitlichen Künstler-
persönlichkeit aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts zusammenzufügen.
Dabei hat freilich immer eine Nachricht besondere Schwierigkeiten bereitet.
Pausanias X 19, 4 bezeugt nämlich, daß ein Schüler des Kalamis, Praxias von
Athen, einen der Giebel des delphischen Apollontempels verfertigt hat. Da man
nun in dem von Pausanias beschriebenen Apollotempel den zu Ende des sechsten
Jahrhunderts v. Chr. von den Alkmeoniden erbauten Tempel sah, hat man sich
in Vermutungen erschöpft, um die Tätigkeit eines Kalamis-Schülers, der etwa
460/430 gelebt haben müßte, an dem Tempel des sechsten Jahrhunderts be-
greiflich zu machen. Jetzt haben uns die französischen Ausgrabungen in Delphi
die Gewißheit gebracht, daß der Alkmeonidentempel schon in dem ersten Drittel
des vierten Jahrhunderts völlig zerstört und durch einen Neubau ersetzt worden
ist. Damit sind des Pausanias Nachrichten über den delphischen Tempel in ein
völlig neues Licht gerückt, und es scheint an der Zeit, daß die kunstgeschichtliche
Forschung den Versuch mache, aus diesem neuen Lichte entsprechenden Vorteil
zu ziehen. Dazu wird es nötig sein, zunächst etwas weiter auszuholen, um die
grundlegenden Tatsachen festzustellend)

Der „neue" Apollontempel zu Delphi und seine Giebelsculpturen.
Schon U. Köhler^) hatte durch scharfsinnige Interpretation der athenischen
Inschrift IG II 51 (Dittenberger, Sylloge^ I 89) erkannt, daß die οίχοδομίκ τοΰ νεώ,
an der Dionysios von Syrakus sowohl wie die Athener im Jahre 364 v. Chr.
interessiert waren, von einem Neubau des delphischen Apollontempels verstanden
werden müsse, und daß durch eben diesen Neubau auch der vom delphischen
Tempel gebrauchte Ausdruck χκίνος νεώς bei Aeschines III n6 seine Erklärung
b Vgl. Homolle, Comptes rendus 1895 p. 329 f.; Pausanias V 328; Hiller v. Gärtringen bei Pauly-
Buli. de corr. bell. XX 641. 677. 702 if.; Pomtow, Wissowa IV 2363.
Rhein. Mus. H 329 f. 361 f.; LII 103 f.; Frazer, Ath. Mitt. I i ßf.; Hermes XXVI 43 b
26*
 
Annotationen