Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 19-20.1919

DOI Artikel:
Eichler, Fritz: Die Skulpturen des Heraions bei Argos
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.33681#0114

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

F. Eichler

Zurückwenden Helenas und Zurschaustellen ihrer Schönheit entweder durch Heben
des Schleiers oder stärkere Entblößung, die Wirkung auf Menelaos durch Zurückhalten
(Griech. Vasenmalerei Taf. 8g) oder — häufiger — Fallenlassen des Schwertes, wobei
alle die genannten Elemente die mannigfachsten Verbindungen eingehen. Was an G
von der schutzsuchenden Frau erhalten ist, läßt keinen präzisen Schluß auf die
Gestaltung der Gruppe zu. Wenig wahrscheinlich scheint eine die Kassandragruppe
in den Hauptzügen wiederholende Komposition. Denn die auf etruskischen Spiegeln
(Gerhard, Etr. Sp. II Taf. 236, IV Taf. 398 und 399) nachgewiesene Übertragung
des von der griechischen Kunst für Aias und Kassandra entwickelten Typus auf
Menelaos und Helena'^) ist bisher in der Epoche des Heraions nicht belegt. Helena
eilt zu dem Götterbild, streckt die Hand nach ihm aus, berührt es mitunter. An der
Parthenonmetope ist zu wenig erhalten; nach dem räumlichen Abstand kann dort
Helena das Götterbild wohl ähnlich wie die Hiketis unserer Gruppe umfaßt haben.
Hier läßt der vom Xoanon abstehende Oberarm einem Zurückwenden zu Menelaos
genügend Spielraum (vgl. S. 31).
Der Zuweisung beider Xoana an den Iliupersisgiebel scheint mithin nichts
im Wege zu stehen. Beide Szenen, die Bedrohung Kassandras und Helenas, gemeinsam
sind sonst für die großen, zusammenfassenden Iliupersisdarstellungen nicht belegt,
jedoch ist die Überlieferung zu lückenhaft. Polygnot kommt nicht in Betracht, da
er in beiden Gemälden (Lesche, Poikile) das Hauptgewicht nicht auf die Szenen der
Einnahme legte, sondern einen späteren Zeitpunkt wählte. Über den Entwurf des
Parrhasios für den Becher des Mys (Overbeck, Schriftquellen n. 1721) und über den
Giebel von Akragas wissen wir nichts Näheres. Von den Nordmetopen des Parthenon
kennen wir seit Michaelis' Nachweis (Der Parthenon S. 139) die Bedrohung der Helena;
von Kassandra ist bisher nichts gefunden. In den größeren Vasenkompositionen,
beziehungsweise ihren Vorlagen, ist das Hauptgewicht auf die Mordszenen um Priamos
gelegt (Schale des Brygos: Furtwängler-Reichhold, Griech. Vasenmal. Taf. 23; Frag-
mente einer Schale des Euphronios: Arch. Ztg. 1882 Taf. 3; Furtwängler, Berliner
Vasenkatalog n. 2281, Griech. Vasenmal. I S. 118; ,,Vivenzio-Vase" in Neapel: Griech.
Vasenmal. Taf. 34; Ruesch, Guida n. 1971). Die Brygos-Schale hat nach Furt-
wängler (a. a. O. I 118) in einer willkürlich bezeichneten Gruppe die Rückführung
der Helena, also nach einer anderen als der der Heraiongruppe zugrundeliegenden
164) Vgl Matthies, Die praenestinischen Spiegel mischungen sind in den etruskischen Spiegelbildern
(Zur Kunstgesch. d. Ausl. Heft 95) S. 104 f. — überaus häufig; s.z.B. die Modifikationen des Paris-
Derartige auf Unkenntnis der Bedeutung der Vor- urteiles, Körte, Etr. Sp. V Taf. 98 ff., und die Vari-
bilder beruhende Übertragungen und Typenver- antenderVierfigurenkomposition, ebenda Taf. 103 ff.
 
Annotationen