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Hercules Prodicius

scolpita solamente con lettere che diranno:
‘ Qnesta e la via ad andare acquistare la
virtü con faticha’; et all’altra sarä scolpito
solamente il vitio nel medesimo modo et
antedetto et lettere ancora, le quali gli
uscirono di boccha che dicono: ‘qui entrate
brigata che goderete et poi con dispiacere
il piagnieretek“B

dexterum iter cum labore
quam cum tristitia leuum
optare malitis, si rationibus
uestris recte consulere stu-
detis.’ Item dextre porte
Virtutis imago insculpetur,
leue contra Vitii.“ 1 2)

Ist es schon aufschlußreich, daß Filarete — der Diener eines Herr-
schers, der wie kein anderer der Vorstellung des „Renaissance-Tyrannen“
entspricht — nicht nur die Tugend, sondern auch das Laster unter dem
Aspekt des Ruhmes betrachtet (weil es, zum Monumentalmaß gesteigert,
den Menschen nicht minder zur Ausnahmeerscheinung macht als jene),
und daß sich die Landschaftssymbolik der „zwei Wege“ in seinem Ideal-
entwurf in eine Architektursymbolik umgesetzt hat, deren exakte Durch-
führung nicht nur die Anlage von „Tugend- und Laster-Pforten“, be-
schwerlichen Steiltreppen und gemächlichen Rampen, sondern auch die
bauliche Vereinigung der Universität und des Tugendtempels mit einem
Schlemmerrestaurant und einem Bordell im Gefolge hat3), so ist es für
unseren besonderen Zusammenhang noch aufschlußreicher, daß wir bei
Filarete geradezu den Augenblick erfassen können, in dem sich
die Renaissance die künstlerische Gestaltung der „Virtus
schlechthin“ ausdrücklich zur Aufgabe machte, und in dem ihr
daher das bisherige Fehlen eines entsprechenden Darstellungs-
typus unmittelbar zum Bewußtsein kam.

Der Architekturtheoretiker des 15. Jahrhunderts, der — seinen
Idealbau zu bekrönen — der älteren Überlieferung die Gestalt einer
„Virtus schlechthin“ entnehmen möchte, befindet sich, wenn man so
will, in einer ganz ähnlichen Verlegenheit wie der moderne Historiker,
der — sein Geschichtsbild zu vervollständigen — die Gestalt einer
„Virtus schlechthin“ in dieser älteren Überheferung zu entdecken
versucht. Auch jener begibt sich auf die Suche nach einem Darstellungs-

1) Cod. Magliab. II, i, 140 (ehemals XVII, 30) fol. 142 r ff. Wir haben uns aus
praktischen Gründen der von Lazzaroni-Munoz befolgten Transkriptionsweise an-
geschlossen.

2) Cod. Marcian. lat., Classe 8, Nr. 2, fol. 137 r ff. Getreue Transkription bis
auf die Auflösung der Abbreviaturen, Interpunktion und Verwendung der Groß-
buchstaben.

3) Für die weiteren Einzelheiten der Baubeschreibung muß immer noch auf das
Resumö bei v. Oettingen verwiesen werden, da die Wiedergabe des gesamten Textes den
Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
 
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