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5. Kapitel
Die römischen Mosaiken Süd west- und Süddeutschlands

Südwest- und Süddeutschland sind fast nur mit Einzelfunden vertreten. Lediglich Mainz
ist etwas reicher bedacht. Die Behandlung der hier gefundenen Mosaiken mag mit einem
Fußboden eingeleitet werden, der im engeren Sinne nicht den Mosaiken zuzurechnen ist,
aber wegen seiner annähernd genauen Datierung und als Beispiel einer auf deutschem Boden
seltenen Gattung Interesse beanspruchen kann. Der Boden1) wurde 1886 in der Bauerngasse
gefunden. Er gehört zum Vorplatz eines Hauses, von dem noch die Ecke eines angrenzenden
Zimmers mit Hypokausten freigelegt wurde. Die Heizungspfeilerchen bestanden aus Ziegeln,
deren Mehrzahl Stempel der legio XXI Rapax2) trug. Diese lag seit dem Jahre 83 in Wei-
senau bei Mainz in Garnison und von 86 bis 90 in dem großen Mainzer Doppellegionslager3).
Der Boden bestand aus sechsseitigen Prismen von 3 cm Seitenlänge und einer Höhe von
4 bis 4,5 cm in den Farben Blau, Rot und Gelb, die in diagonalen Reihen angeordnet waren.
Das Material dieser Prismen ist gefärbter Ton. Man bezeichnet diese Gattung vielleicht am
besten als Tonprismenböden4).
Mosaiken aus dieser frühen Zeit haben sich in Mainz nicht erhalten. Das älteste der auf
uns gekommenen Stücke, das über hundert Jahre jünger sein dürfte, wurde 1921 im Keller
des Hauses Badergasse Nr. 1 gefunden5). Das größere Stück läßt erkennen, daß der Haupt- Taf. 92,1
teil des Bodens durch ein kontinuierliches Flechtband gegliedert war. Jedes der von ihm
eingefaßten Felder besaß noch eine besondere, seiner Größe entsprechend abgestufte Um-
rahmung. Ein breites, vierstreifiges Flechtband, das außen von einer schmalen Zahnschnitt-
leiste begleitet ist, umgab ein quadratisches Bildfeld, von dessen Darstellung nur noch Reste
einiger Pflanzen am Rande erhalten sind. Von dem einfachen Flechtband getrennt, schließt
sich an die eine Seite des Quadrates ein noch teilweise erhaltenes Achteck an. Es ist von
einer U-Hakenborte umgeben und enthält eine große, reich gegliederte Rosette. Zwischen
diese beiden Felder greift eine kleine, schwarz geränderte Raute ein, die mit einem Doppel-
blattmotiv verziert ist. Diese Raute grenzt ferner an ein Feld mit einer gesicherten recht-
winkligen Ecke, das von einem Zahnschnitt mit schwarzem Streifen eingefaßt ist. Vom Füll-
muster, das aus stilisierten Ranken o. ä. bestanden zu haben scheint, sind noch zwei kleine
*) Inv. mos. I Nr. 1620: bei Nr. 11 — J. Keller, WZ. 6, 1887, 81f. 306 — J. Durm, Die Baukunst der Etrusker und
der Römer2 (1905) 339 Abb. 372.
2) E. Stein-E. Ritterling, Die kaiserlichen Beamten und Truppenkörper 103 f.
3) Die Gleichzeitigkeit der Hypokausten mit dem genannten Fußboden ist nicht absolut sicher, doch ist diese Gattung
für das spätere 1. Jahrhundert auch in Hüfingen gesichert (Kastellthermen, ORL. B V 2 [62 a] 23 f. passim, zur Datierung
s. u. S. 94).
4) Keller erwähnt (82 Anm. 1) ein Prisma eines ähnlichen Bodens aus Horburg im Elsaß. Ähnliche Böden sind auch
in Straßburg gefunden worden, R. Forrer, Strasbourg-Argentorate (1927) 401 Abb. 303 — In den Donauländern waren sie
offenbar recht häufig, vgl. in Pettau, MittZentrKomm. N. F. 22, 1896, 4f. — IlidSe bei Sarajevo, WissMittBosnien 5,
1897, 136 Abb. 7—Sarmizegetusa, Dacia 3/4,1927-32, 524 Abb. 6 (mit mehreren Sorten verschieden geformter Prismen).
Ein Exemplar im Museum zu Belgrad wird hier nach einem Th. E. Haevernick verdankten Photo zur Verdeutlichung ab-
gebildet; Taf. 98, 3 — Für Italien vgl. Blake I 150f. Taf. 43, 1. 3 (Imola u. Cividale) — S. u. S. 102 (Augsburg).
5) E. Neeb, Mainzer Zs. 17-19, 1921-24, 48ff. Abb. 3. 4. 8.

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