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überhaupt allen Einzelheiten ist trotz sorgsamster Ausführung
noch nicht das gleiche intensive Interesse zugewandt wie in
den anderen Reliefs. Das erklärt sich leicht, wenn wir an-
nehmen, daß in dem Ratzeburger Relief als dem ersten der
Künstler noch vollauf mit der Bewältigung und Gesamtanord-
nung seines Stoffes beschäftigt war. Erst als er die Lösung
gefunden hatte, die ihn so weit befriedigte, daß er sie auch
für seine übrigen uns erhaltenen Schöpfungen beibehielt, konnte
er sich eingehender der Klein- und Feinarbeit zuwenden, die
ihm besonders am Herzen lag. Aber auch in anderer Bezieh-
ung erweist sich das Ratzeburger Relief als die Anfangsschöpf-
ung, über die schon die zweite, die Darstellung in Schwartau,
trotz engsten Anschlusses weit hinausgeht. Ein Vergleich beider
läßt erkennen, daß jede leichte Abänderung zugleich eine be-
wußte Verbesserung oder Bereicherung bedeutet.
Bei der Kreuztragung in Ratzeburg widersprechen
sich das kleine Stadttor und das riesige Kreuz, von dem man
sich nur schwer vorstellen kann, daß es dort hindurchgetragen
werden konnte. In Schwartau hat das Tor als oberen Abschluß
statt des Giebels ein gerades Gebälk bekommen, über dem sich
nur ein kleinerer Aufbau mit spitzen Türmchen erhebt, damit
der obere Rand der Toröffnung höher hinaufgerückt, die Tor-
öffnung selbst vergrößert und in ein normales Verhältnis zu
dem großen Kreuz gebracht werden konnte. Auch der Akt des
Tragens ist etwas wahrscheinlicher gemacht und die Kriegs-
knechte stehen fester auf ihren Beinen. Bei der Ratzeburger
Darstellung kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als
stürzten sie schräg nach rechts herab, der Mitte zu.
Sehr wenig und doch glücklich ist in Schwartau bei der
Mitteldarstellung geändert: Die Gruppe der Frauen ist
wieder strenger unter einen einheitlichen Gesichtspunkt — das
sorgliche Bemühen um die trauernde Mutter — gestellt, wie es
auch in Anklam war. In Ratzeburg hatte das Bestreben, auch

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