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oberen Abschlusses tragen, lassen sich auch sonst in der
Malerei und Plastik diesseits wie jenseits der Alpen gegen die
Mitte des 15. Jahrhunderts nachweisen1 2. Doch handelt es
sich dabei stets um Innenraumszenen, bei denen die Säulchen
als Träger des über diesen sich ausspannenden Daches gegen-
ständlich erklärbar sind, während das Bentlager Relief das
Motiv auf eine Darstellung im Freien überträgt. Die Säulen-
basen sind so unerwartet in den welligen Wiesenboden ein-
gesenkt, daß sie bisher auch nicht beachtet worden sind*.
Offenbar sind die Trennungsglieder nicht weggebrochen, son-
dern in späterer Zeit, als man das rücksichtslose Ueberschnei-
den besonders der Engelsfiguren oben störend empfand, vor-
sätzlich entfernt worden. Ursprünglich betonten sie den inneren
Gegensatz zwischen der erzählenden Mitteldarstellung und den
repräsentierenden Heiligengestalten auch äußerlich und glichen
zudem das Retabulum von Stein den holzgeschnitzten Klapp-
altären an, auf denen auch gern einer erzählenden Hauptdar-
stellung im inneren Schrein feierlich aufgereihte Einzelgestalten
in den Flügelteilen zur Seite standen — wobei hier allerdings
die «Flügel» die ganze statt die halbe Breite der Mittelszene
erreichen und das sonst übliche Größenverhältnis der Personen
vom Mittelschrein zu denen der Flügel umgekehrt wird.
Fassen wir zunächst die Hauptszene der Kreuzigung ins
Auge: Das ist dieselbe Darstellung, die uns in der Gaukirche
zu Paderborn begegnet ist. Zwar fehlen die Schächer und
die Engel sind in anderer, freierer Weise im Raum verteilt.
Die Gruppen unter dem Kreuz aber gleichen sich in alle Ein-
zelheiten hinein, wenn man in Betracht zieht, daß des ge-
1 Zu den Ausführungen Glasers, a. a. 0. S. 70 möchte ich darauf
aufmerksam machen, daß sich auch auf Melchior Broederlams Darstellung
im Tempel (Museum zu Dijon) diese zwei schlanken Säulchen finden.
2 Bei Münzenberger-Beissel, a. a. 0. II, S. 207 wird ausdrücklich
betont, daß sich die Heiligen «ohne Trennungsglieder» der Kreuzigung
anschlössen.

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