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Der Sonntagsbote.
UnierkialiMgskeilage zam „Pfälzer Aolksklaii".

Sonntag, den 10. Oktober. 1897.

Kinderherzen.
Kinderherzen sind wie Blumen,
nicht in des Sturmes Walten,
sondern nur im Strahl der Sonne
>rhren holden Reiz entfalten.
In des Kinderherzen Tiefe
Et Verständniß einzudringen:
Wird dem Sonnenblick der Liebe,
-"icht dem starren Stolz gelingen.
Kinderherzen sind wie Blätter,
Et geheimer Schrift beschrieben;
Ellst du ihren Sinn enträthseln,
Eßt du in Geduld dich üben.
Kinderherzen sind wie Ranken,
Are sich laicht um's Herz dir schmiegen;
Aoch du mußt, sie festzuhalten,
E der Milde Stärke fügen.
Kinderherzen sind wie Perlen,
A)te im Schmutz den Glanz verlieren
Aaruln sollst mit reinen Händen
sie hüten und berühren.
Kinderherzen sind wie Gärtchen,
Alin viel Himmelspflänzchen stehen:
All sollst sie mit Sorgfalt pflegen
Und zum Herrn um Segen flehen.

Zas Heöetöuch der Mutter.
? Alltür ,^ößte Wohlthat, die Gott einem Menschen in
iW^k?b"den kann, ist ohne Zweifel das Geschenk
christlichen Mutter, — Unermeßlich glücklich
«A di?Mr eine wahrhaft christliche Mutter hat. —
5 Vv» futter schon lange im Grabe ruht, der Sohn
Assel, ,„i^u Stürmen des Lebens ergriffen, hin und her
Mch und""d nahe daran ist, Glauben und Sitte ein-
d/°uini° ?°Ut ewigen Verderben anheimzufallen, so wird
-Aiiien ^°le Gestalt seiner christlichen Mutter ihm noch
8. Uaub»„°chu mit wunderbarer Gewalt auf die Bahn
Ar ^s und der Tugend zurückführen." — Diese
i? die ..fn trefflichen Predigten des Bischofs Ketteler
Ader « socialen Fragen der Gegenwart finden in
Zahlung ihre volle Bestätigung. Wir geben

dieselbe nach der Mittheilung eines Pfarrgeistlichen vom
Lande und sind überzengt, daß sie manche christliche Mutter
in ihrem frommen Eifer bestärken wird.
Im Frühjahr des Jahres 18 . . kam ein junger Mann,
welcher seine Studien aus der Universität eben vollendet
hatte, in unser Dorf, um seine zerrüttete Gesundheit bei
seiner Schwester wieder herzustellen. Wenige Tage nach
seiner Ankunft erzählte mir diese unter Thränen, daß ihr
Bruder allen religiösen Trost von sich weise und ihrem
Mann offen erklärt habe, daß er an nichts mehr
glaube. Ich suchte die bekümmerte Frau zu trösten und
versprach, dem Bruder meine ganze Theilnahme zu widmen.
Ich sah den jungen Mann, welcher an der Schwindsucht
in hohem Grade zu leiden schien, bei gutem Wetter zuweilen
spazieren gehen und benutzte diese Gelegenheit, mich ihm zu
nähern. Ich sprach ihn eines Tages freundlich an, und er-
kundigte mich nach seinem Befinden. Mein schwarzer Priester-
rock schien ihm sehr zu mißfallen; er sah mich finster an,
antwortete höchst einsilbig und gemessen auf meine Fragen,
und als ich allmählich das Gespräch auf den Trost, den die
Religion in den Leiden verleihe, hinleitete, verabschiedete er
sich sogleich mit dem Bemerken, daß das anhaltende Sprechen
seiner Gesundheit nachtheilig sei.
Bald darauf vernahm ich, daß seine Krankheit sich sehr
verschlimmert und der Arzt die Befürchtung ausgesprochen
habe, daß vielleicht ein Blutsturz plötzlich seinem Leben ein
Ende machen könne. Es war jetzt meine Pf! ich t, ihn
zu besuchen und ihn mit Liebe und Ernst aus sein ewiges
Heil aufmerksam zu machen. Nachdem ich am Morgen beim
heiligen Meßopfer seine Seele dem Herrn empfohlen und den
guten Hirten um Beistand und Erleuchtung gebeten hatte,
trat ich den etwas schweren Weg zu seiner Wohnung an.
Die Schwester empfing mich und führte mich zu dem Kranken.
Er saß auf dem Sopha, den Kopf in der Hand, und schien
sehr zu leiden. Als die Schwester mich vorstellte, warf er
ihr einen zürnenden Blick zu und erklärte mir, daß mein
Besuch ihm sehr unangenehm sei. Ich entschuldigte freundlich
das herbe Wort, suchte ihn zu beruhigen und bat ihn, sich
zu Gott im vertrauungsvollen Gebete zu wenden, dann
würden Frieden und Trost, wonach er gewiß sich sehne, in
sein Herz herabkommen. Es schien, als wenn diese Worte
einigen Eindruck auf ihn machten, aber ich hatte mich sehr
geirrt; er erhob sich nach einigen Minuten und erklärte in
bitterem Tone, daß er meines Trostes nicht bedürfe. Ich
erinnerte ihn darauf an den Glauben seiner Jugend, machte
ihn aufmerksam, daß vielleicht diese Krankheit von Gott ihm
geschickt sei, daß er einen forschenden Blick in sein Inneres
richte und der Ewigkeit gedenke; da wurde er aber so auf-
geregt und heftig, daß ich eS rathsam fand, mich zu entfernen.
Die Schwester war untröstlich. Ich bat sie, im Gebete für
ihren unglücklichen Bruder zu verharren und der Barmher-
zigkeit Gottes zu vertrauen, und versprach, in den ersten Tagen
meisten Besuch zu wiederholen.
 
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